Kapitel 3

Themen des Jahres

COVID-19

Die Textilindustrie wurde von der COVID-19-Pandemie massiv getroffen. Die Auswirkungen auf Modeunternehmen und Einzelhandel in Deutschland und Europa waren und sind weiterhin enorm und nicht selten existenzbedrohend. Auch in den Produktionsländern war die Lage katastrophal: etliche Arbeiter*innen verloren ihre Jobs, bekamen noch weniger oder gar keinen Lohn und in vielen Fabriken war und ist kein ausreichender Infektionsschutz gegeben.

Das Textilbündnis reagierte schnell auf den Ausbruch der Pandemie: mit dem Aussetzen des Review-Prozesses, einem COVID-Update auf der Website und mit vielen Unterstützungsangeboten und Online-Veranstaltungen. Darüber hinaus intensivierte das Textilbündnis den Austausch und die Zusammenarbeit mit seinen Kooperationspartner*innen.

Bei der Mitgliederversammlung im November 2020 unterstrich Jürgen Janssen, Leiter des Bündnissekretariats: Der Sorgfaltspflichtenansatz, dem sich das Textilbündnis verschrieben hat, sei eine gute Grundlage und weise den Blick in eine Zukunft mit partnerschaftlichen Geschäftsstrategien und -praktiken und besseren Arbeits- und Umweltbedingungen (Vorwort von Jürgen Janssen im Bericht zur Mitgliederversammlung 2020).

Einkaufspraktiken

Verantwortungsvolle Einkaufspraktiken sind für Unternehmen ein zentraler Baustein, um ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen und zu besseren Arbeitsbedingungen in ihrer Lieferkette beizutragen. Einkaufspraktiken beschreiben alle Prinzipien und Prozesse, wie Markenunternehmen und Einzelhändler mit den Herstellern, die ihre Produkte liefern, interagieren und Geschäfte machen. Sie sind ein wichtiger Schlüssel für eine nachhaltigere und resilientere Textil- und Bekleidungswirtschaft.

Seit 2019 arbeiten 12 Bündnisunternehmen in einer Peer-Learning-Gruppe zu dem Thema. Sie tauschen sich aus und entwickeln Verbesserungspläne zu ihren eigenen Einkaufspraktiken. Um kurzfristig negative Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu mildern, veröffentlichte das Textilbündnis im April 2020 Leitsätze für verantwortungsvolle Einkaufspraktiken in Zeiten von COVID-19. Im Juni 2020 wurde die erste Auswertung einer Selbstbewertung von Unternehmen zu ihren Einkaufspraktiken veröffentlicht.

2021 stehen Einkaufspraktiken als Jahresthema im Textilbündnis besonders im Fokus. Mit einer Selbsteinschätzung und Lieferantenbefragung können Mitgliedsunternehmen ihre Einkaufspraktiken bewerten, um darauf aufbauend Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Expert*innen unterstützen die Unternehmen dabei mit Online-Trainings und einem Trainingsvideo. Darüber hinaus erarbeitet das Textilbündnis zusammen mit mehreren anderen Multi-Stakeholder-Initiativen derzeit ein gemeinsames Rahmenwerk zu Einkaufspraktiken.

Xinjiang

2020 machten Berichte über Zwangsarbeit in Xinjiang weltweit Schlagzeilen. In der chinesischen Provinz werden Uiguren und Angehörige anderer muslimischer Minderheiten glaubwürdigen Berichten zufolge unterdrückt und ausgebeutet. Es besteht das Risiko, dass Fabriken und Anbaubetriebe der Textil-Lieferkette in Xinjiang von Zwangsarbeit profitieren. Dies betrifft insbesondere die tiefere Lieferkette, das heißt die Produktion von Baumwolle und Garnen. Das Textilbündnis ist mit seinen Mitgliedern, der Politik, der OECD und anderen Branchenorganisationen dazu im Austausch. Neun Bündnismitglieder bildeten eine Ad-hoc-Gruppe und diskutieren Strategien im Umgang mit dem Risiko der Zwangsarbeit in China sowie mögliche Unterstützungsangebote durch das Textilbündnis.

Klimaschutz

Im Oktober 2020 ist die neue Expert*innen-Gruppe (EG) Klimaschutz gestartet. Sie möchte Best Practices zur Minimierung von Klimarisiken in allen Teilen der Lieferkette weiterentwickeln und bereitstellen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Zusammenarbeit mit Produzenten, um insbesondere die Umstellung auf erneuerbare Energien in der Produktion zu unterstützen. Die rund 20 Mitglieder der EG diskutieren auch Lösungen, um Umweltauswirkungen besser messen und bilanzieren zu können. Zudem ist 2020 das UNFCCC Playbook on Climate Action erschienen. Das Playbook richtet sich an alle Unternehmen der Textil- und Bekleidungsbranche und soll ihnen Beispiele und Informationen zum Klimaschutz und zur CO2-Reduktion an die Hand geben. Im Februar 2021 wurde die deutsche Übersetzung veröffentlicht.

Kreislaufwirtschaft

Kreislaufwirtschaft ist im Textilbündnis kein neues Thema. Neu ist seit 2020 jedoch die Expert*innen-Gruppe (EG) Kreislaufwirtschaft. Rund 35 Bündnismitglieder arbeiten daran, Best Practices und Leitfäden zu kreislauffähigen Verfahren und Produkten entlang der gesamten textilen Wertschöpfungskette zu ermitteln und weiterzuentwickeln. Im Fokus stehen dabei: nachhaltiges Design, Recycling, kreislauffähige Fasern und Prozesse, Sammlung, Sortierung und Re-Use, alternative Geschäftsmodelle (z.B. Leasing, Sharing und Reparatur) sowie nachhaltige Alternativen zu Verpackungen.

Expert*innen-Gruppen

Expert*innen-Gruppen (EG) sind dazu da, einzelne Themen über alle drei Arbeitsbereiche im Textilbündnis hinweg zu bearbeiten: Individuelle Verantwortung, Gemeinsames Engagement und Gegenseitige Unterstützung. Darüber hinaus streben sie themenspezifische Kooperationen mit relevanten Partnern und Organisationen an.

2020 haben sich vier weitere Expert*innen-Gruppen gebildet: Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, geschlechtsspezifische Gewalt und Chemikaliensicherheit. Die weiteren Expert*innen- und Arbeitsgruppen sind: Abwasserstandards, Existenzsichernde Löhne, Chemiefasern, nachhaltige Naturfasern, Review-Prozess, Wirkungsmessung und Lieferkettentransparenz.

Bündnisinitiativen

Zusammen mehr erreichen als allein – auf dieser Überzeugung bauen die Bündnisinitiativen (BI) auf. Mehrere Bündnismitglieder tun sich zusammen, um gemeinsam Verbesserungen in den Produktionsländern zu erzielen. Dabei werden immer auch Zulieferer und lokale Akteure eingebunden. Zurzeit laufen diese vier Bündnisinitiativen: Existenzsichernde Löhne, Abwasser, Beschwerdemechanismen und Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Tamil Nadu. Weitere BI sind in Planung. Was unsere BI 2020 umgesetzt und erreicht haben, finden Sie im Bericht zur Mitgliederversammlung 2020 zusammengefasst.

Responsible Exit

„Responsible Exit“ steht für die verantwortungsvolle Beendigung von Geschäftsbeziehungen. Verantwortungsvoll heißt, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um negative Auswirkungen auf Beschäftigte bei Zulieferern gering zu halten oder zu mildern. 2020 entwickelten die Peer-Learning-Gruppe Einkaufspraktiken und das Bündnissekretariat mit Unterstützung der Zivilgesellschaft einen „Responsible Exit“-Leitfaden. Er zeigt Schritt für Schritt auf, wie Unternehmen Prozesse etablieren können, um Geschäftsbeziehungen verantwortungsvoll zu beenden und welche Vorgaben und Anforderungen dabei zu beachten sind. Bündnismitglieder finden den Leitfaden im Mitgliederbereich.

Geschlechtsspezifische Gewalt

Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt (Gender Based Violence and Harassment, GBVH) bezeichnet Gewalt gegen Menschen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit und betrifft vor allem Frauen und Mädchen, seltener auch Männer und Jungen sowie nichtbinäre Menschen. GBVH umfasst alle Gewalthandlungen, durch die Menschen physischer, emotionaler, psychologischer oder sexueller Schaden und Leid zugefügt wird. Gewalt an Frauen ist ein weit verbreitetes Problem, auch in der Textilindustrie, wo rund 80 Prozent der Beschäftigten weiblich sind. Die Arbeitsbedingungen sind oft prekär und Gewalt gegen Frauen kommt viel zu häufig vor. Deshalb machte das Textilbündnis GBVH zu seinem Jahresthema 2020.

Kooperationen

Schon bei der Gründung des Textilbündnisses wurde erkannt, dass es als nationale Initiative in einer global vernetzten Branche den Anschluss an andere europäische und internationale Initiativen herstellen muss. Das Textilbündnis kooperiert mit Initiativen, die sich auf Grundlage der „OECD Due Diligence Guidance for the Garments and Footwear Sector“ für eine nachhaltige und zukunftsfähige Textilindustrie einsetzen. Durch das internationale Netzwerk mit externen Kooperationspartnern erhalten Bündnismitglieder auch Zugang zu Expertise, Instrumenten und Kontakten anderer Brancheninitiativen.

2020 sind die Kooperationen mit dem Organic Cotton Accelerator und dem Open Apparel Registryhinzugekommen. Ende des Jahres bestanden zehn strategische Kooperationen. Während der COVID-19-Pandemie verstärkte das Textilbündnis den Austausch mit anderen Brancheninitiativen noch einmal deutlich, insbesondere zum Thema Einkaufspraktiken.

Lieferkettentransparenz

Transparenz in der eigenen Lieferkette zu schaffen, ist eine grundlegende Voraussetzung für die Umsetzung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten. Unternehmen können sozialen, ökologischen und Korruptions-Risiken in ihrer Lieferkette nur dann effektiv begegnen, wenn sie wissen, wo, wie und von wem ihre Produkte hergestellt werden. 2020 ist ein neuer Leitfaden entstanden, der Unternehmen Schritt für Schritt zu mehr Lieferkettentransparenz anleitet. Auch die Kooperation mit dem Open Apparel Registry dient diesem Ziel. 23 Mitgliedsunternehmen beteiligen sich seit 2020 an einer aggregierten Liste auf der Plattform Open Apparel Registry und veröffentlichen so ihre Lieferantendaten: insgesamt rund 6.800 Produktionsstätten.

Chemikaliensicherheit

Seit Mitte 2020 hat die Expert*innen-Gruppe (EG) Chemikaliensicherheit ihre Arbeit aufgenommen. Ziel ist die Begleitung der Mitglieder bei der konsequenten Umsetzung der Chemikalienverbotsliste, Manufacturing Restricted Substance List Manufacturing (MRSL) auf der Produktionsebene der Nassprozesse. Die EG berät zu Substitutionsoptionen und prüft Unterstützungsangebote für Bündnismitglieder. Außerdem informiert sie über Anpassungen der Chemikalienmanagement Anforderungen.

Beschwerdemechanismen

Internationale Standards und Rahmenwerke fordern einhellig, dass Unternehmen Beschwerdemechanismen für Menschen bereitstellen, die potenziell von sozialen und ökologischen Auswirkungen betroffen sind. Auch Arbeiter*innen in der textilen Lieferkette sollen Beschwerden melden können und Zugang zu Abhilfe und Wiedergutmachung erhalten. Dabei sind Funktionalität und Effektivität der Beschwerdemechanismen von zentraler Bedeutung. Das Textilbündnis unterstützt seine Mitglieder dabei, wirksame Beschwerdemechanismen entlang der eigenen Lieferkette aufzubauen oder sich an bestehenden Mechanismen zu beteiligen.

Dazu kooperiert das Textilbündnis eng mit der Fair Wear Foundation, die ihren Mitgliedsunternehmen einen Beschwerdemechanismus in 11 Ländern bereitstellt. Künftig sollen auch Bündnisunternehmen auf diesen Mechanismus zurückgreifen und in ihrer Lieferkette nutzen können. In Workshops und Webinaren bringt das Textilbündnis seinen Mitgliedern die Anforderungen an effektive Beschwerdemechanismen und wirksamer Abhilfe näher und bietet einen Raum für Austausch. Seit 2020 sammeln die Bündnismitglieder in einer Incident List Meldungen zu Missständen oder Vorfällen in der textilen Lieferkette. Das Dokument unterstützt Unternehmen dabei, konkrete Vorfälle sowie mögliche Risiken in ihrer eigenen Lieferkette zu identifizieren.

Wie gehen wir mit Beschwerden um, die das Textilbündnis erreichen? Mit dieser und weiteren strategischen Fragen rund um das Thema Beschwerdemechanismen beschäftigt sich Anfang 2021 ein Strategiekreis. Die Vertreter*innen der unterschiedlichen Akteursgruppen setzen sich mit aktuellen Fragestellungen auseinander und erarbeiten Lösungsvorschläge.

Mitglieder

Das Textilbündnis ist eine Multi-Stakeholder-Initiative und setzt sich aus Mitgliedern der Wirtschaft (Unternehmen und Verbände), Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Standardorganisationen und der Bundesregierung zusammen. Darüber hinaus gibt es einige beratende Mitglieder aus Wissenschaft und Forschung. Die Mitglieder des Textilbündnisses repräsentieren etwa die Hälfte des Umsatzes im deutschen Textilmarkt.

2020 ist das Textilbündnis um 14 auf 136 Mitglieder angewachsen. Die neuen Mitglieder sind: HUMANA Second Hand Kleidung GmbH, Pervormance international GmbH, GrenzGang, LODENFREY Menswear GmbH, HUMAN BLOOD B.V., mey GmbH & Co. KG, bluesign technologies, textilekonzepte GmbH, CHAPS Merchandising GmbH, RETAILPRAXIS GmbH, Hochschule Hof, erlich textil, global tactics Textilmanufaktur e.K., Helmut Peterseim Strickwaren GmbH.

Steuerungskreis

Die strategische Steuerung und Weiterentwicklung des Textilbündnisses obliegt dem Steuerungskreis (SK). Er setzt sich aus insgesamt zwölf Vertreter*innen der Akteursgruppen Wirtschaft, Bundesregierung, Nichtregierungsorganisationen, Standardorganisationen und Gewerkschaften zusammen. Sie werden alle zwei Jahre neu von den Mitgliedern gewählt. 2021 steht die nächste SK-Wahl an. In seinen Sitzungen entscheidet der Steuerungskreis unter anderem über Mitgliedsanträge und neue Projekte.

2020 beschloss der SK unter anderem, dass der Review-Prozess angesichts der COVID-19-Pandemie ausgesetzt und um ein Jahr verschoben wird. Einmal jährlich trifft sich der SK zu einer Klausurtagung, um über die allgemeine Struktur und Strategie des Textilbündnisses zu beraten. Bei der Klausur im September 2020 befasste sich der SK unter anderem mit dem Zielbild und Selbstverständnis des Textilbündnisses sowie dem Arbeitsplan und der Themensetzung für 2021.

Risikoanalyse

Eine sorgfältige und kontinuierliche Risikoanalyse ist ein grundlegender Bestandteil der unternehmerischen Sorgfaltspflicht und des Review-Prozesses 2021. Der Leitfaden „Risiken ermitteln und priorisieren. Grundlagen für den Review-Prozess im Textilbündnis“ zeigt Unternehmen, was sie bei der Risikoanalyse beachten müssen.

Darüber hinaus stellte das Bündnis für nachhaltige Textilien 2020 ein neues IT-Tool vor: das Textile Risk Expert System, kurz T-REXS. Es soll die Bündnismitglieder dabei unterstützen, soziale, ökologische und Korruptions-Risiken in ihren Lieferketten zu analysieren und zu priorisieren. Es hilft zum Beispiel dabei, die abstrakten Risiken in der Lieferkette zu bestimmen und Informationen über die Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken zusammenzustellen. Mit dem T-REXS können Unternehmen auch die schwerwiegendsten Risiken in ihrer Lieferkette priorisieren.

Sektorrisiken

Die OECD hat eine Reihe von Risiken identifiziert, die für die Textil- und Bekleidungsbranche von besonderer Relevanz sind. Dazu gehören unter anderem: Diskriminierung, Gesundheit und Sicherheit, Lohn und Sozialleistungen, Korruption, Kinder- und Zwangsarbeit, Umweltschutz und Chemikalieneinsatz. Diese und weitere sektorspezifischen Risiken finden sich in den vom Textilbündnis bearbeiteten Themen wieder. Darüber hinaus sind sie im überarbeiteten Review-Prozess zentral: Jedes Mitgliedsunternehmen analysiert seine Risiken in der Lieferkette, priorisiert sie und leitet daraus Ziele und Maßnahmen ab.

Baumwolle

2020 ist das Textilbündnis eine strategische Kooperation mit dem Organic Cotton Accelerator (OCA)  eingegangen. Ziel der Kooperation zwischen den beiden Multi-Stakeholder-Initiativen ist, die Qualität und Verfügbarkeit von Bio-Baumwolle zu fördern und Angebot und Nachfrage besser abzustimmen.

Darüber hinaus wurde ein Pilotprojekt in Indien gestartet, an dem sich GIZ, Tchibo, Dibella, Chetna-FFID, Fairtrade Germany und OCA beteiligen. Durch eine Ausweitung des bestehenden Pilotprojekts (up-scaling) sowie neue Pilotansätze in baumwollrelevanten Regionen möchten die Projektpartner die Verfügbarkeit von Bio-Baumwolle für die Mitglieder des Textilbündnisses weiter steigern.

Das gemeinsame Bündnisziel zur Steigerung des Anteils nachhaltiger Baumwolle bleibt bestehen: Bis 2025 soll der Anteil nachhaltiger Baumwolle auf insgesamt 70 Prozent der insgesamt von Bündnismitgliedern beschafften Baumwolle steigen, der darin enthaltene Anteil an Bio-Baumwolle auf 20 Prozent. Das gemeinsame Ziel von 35 Prozent nachhaltiger Baumwolle bis 2020 erreichten die Mitglieder bereits 2018 nahezu.

Abwassermanagement

Bei Nassprozessen der Textilproduktion besteht ein erhöhtes Risiko für Umweltschäden, zum Beispiel durch ungeklärte Abwässer aus Fabriken. Ein nachhaltiges Abwassermanagement ist ein wichtiger Schritt zur Lösung des Problems. Das ist das Ziel der neuen Bündnisinitiative Abwasser. Dazu schlossen sich 14 Bündnismitglieder im Juli 2020 zusammen. Fokusländer sind Taiwan, Bangladesch, Vietnam, China, Pakistan und Türkei.

Die Bündnisinitiative kombiniert drei Ansätze: Erstens sollen in den Fabriken das Problembewusstsein geschärft und Wissen für Produzenten und Brands aufgebaut werden. Zweitens gilt es, die Prüfung des Abwassers mittels Plausibilitätschecks und gemeinsamer Anforderungen an Abwasserreports zu harmonisieren und die Datenqualität und Transparenz zu verbessern. Und drittens strebt die Initiative Kooperationen und den Datenaustausch zwischen allen Akteuren in der Lieferkette sowie mit wissenschaftlichen Einrichtungen an.

Arbeitstreffen

„Nur durch kollektives Handeln, einen partnerschaftlichen Ansatz und geteilte Verantwortung lassen sich, besonders aktuell, die Auswirkungen abmildern und weiterhin das Ziel einer nachhaltigen Textil-Lieferkette verfolgen,“ betonte der Leiter des Bündnissekretariats Jürgen Janssen gleich bei der Begrüßung des Arbeitstreffens am 21. April 2020.

Auf dem Programm standen ein Livestream mit einer Keynote von Karl-Hendrik Magnus von McKinsey, neun Online-Seminare und ein Marktplatz mit sieben Ständen. Die Sessions deckten ein breites Themenspektrum ab, von Kreislaufwirtschaft über Risikoanalyse, von Lieferketten-Mapping bis zu Beschwerdemechanismen. Natürlich spielten auch die aktuellen Entwicklungen und Auswirkungen der COVID-19-Pandemie an vielen Stellen mit ein. Die Aufzeichnungen einiger Sessions können Sie sich auf der Website weiterhin ansehen.

Mitgliederversammlung

„Auf Kurs“ – so lautete das Thema der 6. Mitgliederversammlung des Textilbündnisses am 24. und 25. November 2020. Bei der Begrüßung unterstrich Jürgen Janssen, Leiter des Bündnissekretariats, dass der Kurs Richtung unternehmerischer Sorgfalt und Nachhaltigkeit „richtig, wichtig und zukunftsweisend“ sei. An den zwei Tagen der Veranstaltung standen insgesamt 14 Sessions zu unterschiedlichsten Bündnisthemen auf dem Programm: von Sorgfaltspflichten und geschlechtsspezifischer Gewalt über Responsible Exit und existenzsichernde Löhne bis zu Lieferkettentransparenz und Klimaschutz. Mitglieder finden die Aufzeichnungen der Sessions im Mitgliederbereich. Der Marktplatz mit diesen acht Marktständen ist weiterhin online: BI Tamil Nadu, BI Abwasser, BI Beschwerdemechanismen, Kreislaufwirtschaft, Klimaschutz, KMU Kompass, Grüner Knopf, Review-Prozess.

Zur Podiumsdiskussion „Future Supply Chain Relations“ begrüßten wirRubana Huq (BGMEA), Mathijs Crietee (International Apparel Federation), Herman Leung (DAKOTA Garment Group), Nazma Akter (Awaj Foundation)und Christina Hajagos-Clausen (IndustriALL).

Review-Prozess

Im Review-Prozess berichten die Unternehmen im Textilbündnis zu ihrer individuellen Verantwortung in ihren Lieferketten, sie setzen sich Ziele und definieren Maßnahmen. 2019 wurde der Review-Prozess grundlegend überarbeitet und der risikobasierte Sorgfaltspflichtenansatz in den Fokus gestellt. Der neue Review-Prozess orientiert sich an den Anforderungen und Vorgaben internationaler Rahmenwerke, insbesondere an der OECD Due Diligence Guidance für den Textilsektor. 2020 sollten die Bündnismitglieder den Review-Prozess erstmals in seiner neuen Form durchführen. Aufgrund der COVID-19-Pandemie entschied der Steuerungskreis, den Start um ein Jahr zu verschieben. Mehr dazu auch in Kapitel 4.1.

LinkedIn & Twitter

Seit 2019 ist das Textilbündnis mit eigenen Accounts auf LinkedIn und Twitter aktiv. Bei LinkedIn wuchs die Followerzahl 2020 von 334 auf 1642 (+ 392%), bei Twitter um von 321 auf 422 (+ 31,46%). Auf beiden Plattformen erlangten Beiträge zu den eigenen Aktivitäten des Textilbündnisses am meisten Aufmerksamkeit. Jeweils drei Tweets zum Jahresthema Gender Based Violence und zu unseren Bündnisinitiativen schafften es bei Twitter in die Top 10, ebenso zwei Tweets zum COVID-19-Update auf der Website des Textilbündnisses. 

COVID-19

Die Textilindustrie wurde von der COVID-19-Pandemie massiv getroffen. Die Auswirkungen auf Modeunternehmen und Einzelhandel in Deutschland und Europa waren und sind weiterhin enorm und nicht selten existenzbedrohend. Auch in den Produktionsländern war die Lage katastrophal: etliche Arbeiter*innen verloren ihre Jobs, bekamen noch weniger oder gar keinen Lohn und in vielen Fabriken war und ist kein ausreichender Infektionsschutz gegeben.

Das Textilbündnis reagierte schnell auf den Ausbruch der Pandemie: mit dem Aussetzen des Review-Prozesses, einem COVID-Update auf der Website und mit vielen Unterstützungsangeboten und Online-Veranstaltungen. Darüber hinaus intensivierte das Textilbündnis den Austausch und die Zusammenarbeit mit seinen Kooperationspartner*innen.

Bei der Mitgliederversammlung im November 2020 unterstrich Jürgen Janssen, Leiter des Bündnissekretariats: Der Sorgfaltspflichtenansatz, dem sich das Textilbündnis verschrieben hat, sei eine gute Grundlage und weise den Blick in eine Zukunft mit partnerschaftlichen Geschäftsstrategien und -praktiken und besseren Arbeits- und Umweltbedingungen (Vorwort von Jürgen Janssen im Bericht zur Mitgliederversammlung 2020).

Einkaufspraktiken

Verantwortungsvolle Einkaufspraktiken sind für Unternehmen ein zentraler Baustein, um ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen und zu besseren Arbeitsbedingungen in ihrer Lieferkette beizutragen. Einkaufspraktiken beschreiben alle Prinzipien und Prozesse, wie Markenunternehmen und Einzelhändler mit den Herstellern, die ihre Produkte liefern, interagieren und Geschäfte machen. Sie sind ein wichtiger Schlüssel für eine nachhaltigere und resilientere Textil- und Bekleidungswirtschaft.

Seit 2019 arbeiten 12 Bündnisunternehmen in einer Peer-Learning-Gruppe zu dem Thema. Sie tauschen sich aus und entwickeln Verbesserungspläne zu ihren eigenen Einkaufspraktiken. Um kurzfristig negative Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu mildern, veröffentlichte das Textilbündnis im April 2020 Leitsätze für verantwortungsvolle Einkaufspraktiken in Zeiten von COVID-19. Im Juni 2020 wurde die erste Auswertung einer Selbstbewertung von Unternehmen zu ihren Einkaufspraktiken veröffentlicht.

2021 stehen Einkaufspraktiken als Jahresthema im Textilbündnis besonders im Fokus. Mit einer Selbsteinschätzung und Lieferantenbefragung können Mitgliedsunternehmen ihre Einkaufspraktiken bewerten, um darauf aufbauend Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Expert*innen unterstützen die Unternehmen dabei mit Online-Trainings und einem Trainingsvideo. Darüber hinaus erarbeitet das Textilbündnis zusammen mit mehreren anderen Multi-Stakeholder-Initiativen derzeit ein gemeinsames Rahmenwerk zu Einkaufspraktiken.

Xinjiang

2020 machten Berichte über Zwangsarbeit in Xinjiang weltweit Schlagzeilen. In der chinesischen Provinz werden Uiguren und Angehörige anderer muslimischer Minderheiten glaubwürdigen Berichten zufolge unterdrückt und ausgebeutet. Es besteht das Risiko, dass Fabriken und Anbaubetriebe der Textil-Lieferkette in Xinjiang von Zwangsarbeit profitieren. Dies betrifft insbesondere die tiefere Lieferkette, das heißt die Produktion von Baumwolle und Garnen. Das Textilbündnis ist mit seinen Mitgliedern, der Politik, der OECD und anderen Branchenorganisationen dazu im Austausch. Neun Bündnismitglieder bildeten eine Ad-hoc-Gruppe und diskutieren Strategien im Umgang mit dem Risiko der Zwangsarbeit in China sowie mögliche Unterstützungsangebote durch das Textilbündnis.

Klimaschutz

Im Oktober 2020 ist die neue Expert*innen-Gruppe (EG) Klimaschutz gestartet. Sie möchte Best Practices zur Minimierung von Klimarisiken in allen Teilen der Lieferkette weiterentwickeln und bereitstellen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Zusammenarbeit mit Produzenten, um insbesondere die Umstellung auf erneuerbare Energien in der Produktion zu unterstützen. Die rund 20 Mitglieder der EG diskutieren auch Lösungen, um Umweltauswirkungen besser messen und bilanzieren zu können. Zudem ist 2020 das UNFCCC Playbook on Climate Action erschienen. Das Playbook richtet sich an alle Unternehmen der Textil- und Bekleidungsbranche und soll ihnen Beispiele und Informationen zum Klimaschutz und zur CO2-Reduktion an die Hand geben. Im Februar 2021 wurde die deutsche Übersetzung veröffentlicht.

Kreislaufwirtschaft

Kreislaufwirtschaft ist im Textilbündnis kein neues Thema. Neu ist seit 2020 jedoch die Expert*innen-Gruppe (EG) Kreislaufwirtschaft. Rund 35 Bündnismitglieder arbeiten daran, Best Practices und Leitfäden zu kreislauffähigen Verfahren und Produkten entlang der gesamten textilen Wertschöpfungskette zu ermitteln und weiterzuentwickeln. Im Fokus stehen dabei: nachhaltiges Design, Recycling, kreislauffähige Fasern und Prozesse, Sammlung, Sortierung und Re-Use, alternative Geschäftsmodelle (z.B. Leasing, Sharing und Reparatur) sowie nachhaltige Alternativen zu Verpackungen.

Expert*innen-Gruppen

Expert*innen-Gruppen (EG) sind dazu da, einzelne Themen über alle drei Arbeitsbereiche im Textilbündnis hinweg zu bearbeiten: Individuelle Verantwortung, Gemeinsames Engagement und Gegenseitige Unterstützung. Darüber hinaus streben sie themenspezifische Kooperationen mit relevanten Partnern und Organisationen an.

2020 haben sich vier weitere Expert*innen-Gruppen gebildet: Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, geschlechtsspezifische Gewalt und Chemikaliensicherheit. Die weiteren Expert*innen- und Arbeitsgruppen sind: Abwasserstandards, Existenzsichernde Löhne, Chemiefasern, nachhaltige Naturfasern, Review-Prozess, Wirkungsmessung und Lieferkettentransparenz.

Bündnisinitiativen

Zusammen mehr erreichen als allein – auf dieser Überzeugung bauen die Bündnisinitiativen (BI) auf. Mehrere Bündnismitglieder tun sich zusammen, um gemeinsam Verbesserungen in den Produktionsländern zu erzielen. Dabei werden immer auch Zulieferer und lokale Akteure eingebunden. Zurzeit laufen diese vier Bündnisinitiativen: Existenzsichernde Löhne, Abwasser, Beschwerdemechanismen und Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Tamil Nadu. Weitere BI sind in Planung. Was unsere BI 2020 umgesetzt und erreicht haben, finden Sie im Bericht zur Mitgliederversammlung 2020 zusammengefasst.

Responsible Exit

„Responsible Exit“ steht für die verantwortungsvolle Beendigung von Geschäftsbeziehungen. Verantwortungsvoll heißt, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um negative Auswirkungen auf Beschäftigte bei Zulieferern gering zu halten oder zu mildern. 2020 entwickelten die Peer-Learning-Gruppe Einkaufspraktiken und das Bündnissekretariat mit Unterstützung der Zivilgesellschaft einen „Responsible Exit“-Leitfaden. Er zeigt Schritt für Schritt auf, wie Unternehmen Prozesse etablieren können, um Geschäftsbeziehungen verantwortungsvoll zu beenden und welche Vorgaben und Anforderungen dabei zu beachten sind. Bündnismitglieder finden den Leitfaden im Mitgliederbereich.

Geschlechtsspezifische Gewalt

Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt (Gender Based Violence and Harassment, GBVH) bezeichnet Gewalt gegen Menschen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit und betrifft vor allem Frauen und Mädchen, seltener auch Männer und Jungen sowie nichtbinäre Menschen. GBVH umfasst alle Gewalthandlungen, durch die Menschen physischer, emotionaler, psychologischer oder sexueller Schaden und Leid zugefügt wird. Gewalt an Frauen ist ein weit verbreitetes Problem, auch in der Textilindustrie, wo rund 80 Prozent der Beschäftigten weiblich sind. Die Arbeitsbedingungen sind oft prekär und Gewalt gegen Frauen kommt viel zu häufig vor. Deshalb machte das Textilbündnis GBVH zu seinem Jahresthema 2020.

Kooperationen

Schon bei der Gründung des Textilbündnisses wurde erkannt, dass es als nationale Initiative in einer global vernetzten Branche den Anschluss an andere europäische und internationale Initiativen herstellen muss. Das Textilbündnis kooperiert mit Initiativen, die sich auf Grundlage der „OECD Due Diligence Guidance for the Garments and Footwear Sector“ für eine nachhaltige und zukunftsfähige Textilindustrie einsetzen. Durch das internationale Netzwerk mit externen Kooperationspartnern erhalten Bündnismitglieder auch Zugang zu Expertise, Instrumenten und Kontakten anderer Brancheninitiativen.

2020 sind die Kooperationen mit dem Organic Cotton Accelerator und dem Open Apparel Registryhinzugekommen. Ende des Jahres bestanden zehn strategische Kooperationen. Während der COVID-19-Pandemie verstärkte das Textilbündnis den Austausch mit anderen Brancheninitiativen noch einmal deutlich, insbesondere zum Thema Einkaufspraktiken.

Lieferkettentransparenz

Transparenz in der eigenen Lieferkette zu schaffen, ist eine grundlegende Voraussetzung für die Umsetzung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten. Unternehmen können sozialen, ökologischen und Korruptions-Risiken in ihrer Lieferkette nur dann effektiv begegnen, wenn sie wissen, wo, wie und von wem ihre Produkte hergestellt werden. 2020 ist ein neuer Leitfaden entstanden, der Unternehmen Schritt für Schritt zu mehr Lieferkettentransparenz anleitet. Auch die Kooperation mit dem Open Apparel Registry dient diesem Ziel. 23 Mitgliedsunternehmen beteiligen sich seit 2020 an einer aggregierten Liste auf der Plattform Open Apparel Registry und veröffentlichen so ihre Lieferantendaten: insgesamt rund 6.800 Produktionsstätten.

Chemikaliensicherheit

Seit Mitte 2020 hat die Expert*innen-Gruppe (EG) Chemikaliensicherheit ihre Arbeit aufgenommen. Ziel ist die Begleitung der Mitglieder bei der konsequenten Umsetzung der Chemikalienverbotsliste, Manufacturing Restricted Substance List Manufacturing (MRSL) auf der Produktionsebene der Nassprozesse. Die EG berät zu Substitutionsoptionen und prüft Unterstützungsangebote für Bündnismitglieder. Außerdem informiert sie über Anpassungen der Chemikalienmanagement Anforderungen.

Beschwerdemechanismen

Internationale Standards und Rahmenwerke fordern einhellig, dass Unternehmen Beschwerdemechanismen für Menschen bereitstellen, die potenziell von sozialen und ökologischen Auswirkungen betroffen sind. Auch Arbeiter*innen in der textilen Lieferkette sollen Beschwerden melden können und Zugang zu Abhilfe und Wiedergutmachung erhalten. Dabei sind Funktionalität und Effektivität der Beschwerdemechanismen von zentraler Bedeutung. Das Textilbündnis unterstützt seine Mitglieder dabei, wirksame Beschwerdemechanismen entlang der eigenen Lieferkette aufzubauen oder sich an bestehenden Mechanismen zu beteiligen.

Dazu kooperiert das Textilbündnis eng mit der Fair Wear Foundation, die ihren Mitgliedsunternehmen einen Beschwerdemechanismus in 11 Ländern bereitstellt. Künftig sollen auch Bündnisunternehmen auf diesen Mechanismus zurückgreifen und in ihrer Lieferkette nutzen können. In Workshops und Webinaren bringt das Textilbündnis seinen Mitgliedern die Anforderungen an effektive Beschwerdemechanismen und wirksamer Abhilfe näher und bietet einen Raum für Austausch. Seit 2020 sammeln die Bündnismitglieder in einer Incident List Meldungen zu Missständen oder Vorfällen in der textilen Lieferkette. Das Dokument unterstützt Unternehmen dabei, konkrete Vorfälle sowie mögliche Risiken in ihrer eigenen Lieferkette zu identifizieren.

Wie gehen wir mit Beschwerden um, die das Textilbündnis erreichen? Mit dieser und weiteren strategischen Fragen rund um das Thema Beschwerdemechanismen beschäftigt sich Anfang 2021 ein Strategiekreis. Die Vertreter*innen der unterschiedlichen Akteursgruppen setzen sich mit aktuellen Fragestellungen auseinander und erarbeiten Lösungsvorschläge.

Mitglieder

Das Textilbündnis ist eine Multi-Stakeholder-Initiative und setzt sich aus Mitgliedern der Wirtschaft (Unternehmen und Verbände), Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Standardorganisationen und der Bundesregierung zusammen. Darüber hinaus gibt es einige beratende Mitglieder aus Wissenschaft und Forschung. Die Mitglieder des Textilbündnisses repräsentieren etwa die Hälfte des Umsatzes im deutschen Textilmarkt.

2020 ist das Textilbündnis um 14 auf 136 Mitglieder angewachsen. Die neuen Mitglieder sind: HUMANA Second Hand Kleidung GmbH, Pervormance international GmbH, GrenzGang, LODENFREY Menswear GmbH, HUMAN BLOOD B.V., mey GmbH & Co. KG, bluesign technologies, textilekonzepte GmbH, CHAPS Merchandising GmbH, RETAILPRAXIS GmbH, Hochschule Hof, erlich textil, global tactics Textilmanufaktur e.K., Helmut Peterseim Strickwaren GmbH.

Steuerungskreis

Die strategische Steuerung und Weiterentwicklung des Textilbündnisses obliegt dem Steuerungskreis (SK). Er setzt sich aus insgesamt zwölf Vertreter*innen der Akteursgruppen Wirtschaft, Bundesregierung, Nichtregierungsorganisationen, Standardorganisationen und Gewerkschaften zusammen. Sie werden alle zwei Jahre neu von den Mitgliedern gewählt. 2021 steht die nächste SK-Wahl an. In seinen Sitzungen entscheidet der Steuerungskreis unter anderem über Mitgliedsanträge und neue Projekte.

2020 beschloss der SK unter anderem, dass der Review-Prozess angesichts der COVID-19-Pandemie ausgesetzt und um ein Jahr verschoben wird. Einmal jährlich trifft sich der SK zu einer Klausurtagung, um über die allgemeine Struktur und Strategie des Textilbündnisses zu beraten. Bei der Klausur im September 2020 befasste sich der SK unter anderem mit dem Zielbild und Selbstverständnis des Textilbündnisses sowie dem Arbeitsplan und der Themensetzung für 2021.

Risikoanalyse

Eine sorgfältige und kontinuierliche Risikoanalyse ist ein grundlegender Bestandteil der unternehmerischen Sorgfaltspflicht und des Review-Prozesses 2021. Der Leitfaden „Risiken ermitteln und priorisieren. Grundlagen für den Review-Prozess im Textilbündnis“ zeigt Unternehmen, was sie bei der Risikoanalyse beachten müssen.

Darüber hinaus stellte das Bündnis für nachhaltige Textilien 2020 ein neues IT-Tool vor: das Textile Risk Expert System, kurz T-REXS. Es soll die Bündnismitglieder dabei unterstützen, soziale, ökologische und Korruptions-Risiken in ihren Lieferketten zu analysieren und zu priorisieren. Es hilft zum Beispiel dabei, die abstrakten Risiken in der Lieferkette zu bestimmen und Informationen über die Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken zusammenzustellen. Mit dem T-REXS können Unternehmen auch die schwerwiegendsten Risiken in ihrer Lieferkette priorisieren.

Sektorrisiken

Die OECD hat eine Reihe von Risiken identifiziert, die für die Textil- und Bekleidungsbranche von besonderer Relevanz sind. Dazu gehören unter anderem: Diskriminierung, Gesundheit und Sicherheit, Lohn und Sozialleistungen, Korruption, Kinder- und Zwangsarbeit, Umweltschutz und Chemikalieneinsatz. Diese und weitere sektorspezifischen Risiken finden sich in den vom Textilbündnis bearbeiteten Themen wieder. Darüber hinaus sind sie im überarbeiteten Review-Prozess zentral: Jedes Mitgliedsunternehmen analysiert seine Risiken in der Lieferkette, priorisiert sie und leitet daraus Ziele und Maßnahmen ab.

Baumwolle

2020 ist das Textilbündnis eine strategische Kooperation mit dem Organic Cotton Accelerator (OCA)  eingegangen. Ziel der Kooperation zwischen den beiden Multi-Stakeholder-Initiativen ist, die Qualität und Verfügbarkeit von Bio-Baumwolle zu fördern und Angebot und Nachfrage besser abzustimmen.

Darüber hinaus wurde ein Pilotprojekt in Indien gestartet, an dem sich GIZ, Tchibo, Dibella, Chetna-FFID, Fairtrade Germany und OCA beteiligen. Durch eine Ausweitung des bestehenden Pilotprojekts (up-scaling) sowie neue Pilotansätze in baumwollrelevanten Regionen möchten die Projektpartner die Verfügbarkeit von Bio-Baumwolle für die Mitglieder des Textilbündnisses weiter steigern.

Das gemeinsame Bündnisziel zur Steigerung des Anteils nachhaltiger Baumwolle bleibt bestehen: Bis 2025 soll der Anteil nachhaltiger Baumwolle auf insgesamt 70 Prozent der insgesamt von Bündnismitgliedern beschafften Baumwolle steigen, der darin enthaltene Anteil an Bio-Baumwolle auf 20 Prozent. Das gemeinsame Ziel von 35 Prozent nachhaltiger Baumwolle bis 2020 erreichten die Mitglieder bereits 2018 nahezu.

Abwassermanagement

Bei Nassprozessen der Textilproduktion besteht ein erhöhtes Risiko für Umweltschäden, zum Beispiel durch ungeklärte Abwässer aus Fabriken. Ein nachhaltiges Abwassermanagement ist ein wichtiger Schritt zur Lösung des Problems. Das ist das Ziel der neuen Bündnisinitiative Abwasser. Dazu schlossen sich 14 Bündnismitglieder im Juli 2020 zusammen. Fokusländer sind Taiwan, Bangladesch, Vietnam, China, Pakistan und Türkei.

Die Bündnisinitiative kombiniert drei Ansätze: Erstens sollen in den Fabriken das Problembewusstsein geschärft und Wissen für Produzenten und Brands aufgebaut werden. Zweitens gilt es, die Prüfung des Abwassers mittels Plausibilitätschecks und gemeinsamer Anforderungen an Abwasserreports zu harmonisieren und die Datenqualität und Transparenz zu verbessern. Und drittens strebt die Initiative Kooperationen und den Datenaustausch zwischen allen Akteuren in der Lieferkette sowie mit wissenschaftlichen Einrichtungen an.

Arbeitstreffen

„Nur durch kollektives Handeln, einen partnerschaftlichen Ansatz und geteilte Verantwortung lassen sich, besonders aktuell, die Auswirkungen abmildern und weiterhin das Ziel einer nachhaltigen Textil-Lieferkette verfolgen,“ betonte der Leiter des Bündnissekretariats Jürgen Janssen gleich bei der Begrüßung des Arbeitstreffens am 21. April 2020.

Auf dem Programm standen ein Livestream mit einer Keynote von Karl-Hendrik Magnus von McKinsey, neun Online-Seminare und ein Marktplatz mit sieben Ständen. Die Sessions deckten ein breites Themenspektrum ab, von Kreislaufwirtschaft über Risikoanalyse, von Lieferketten-Mapping bis zu Beschwerdemechanismen. Natürlich spielten auch die aktuellen Entwicklungen und Auswirkungen der COVID-19-Pandemie an vielen Stellen mit ein. Die Aufzeichnungen einiger Sessions können Sie sich auf der Website weiterhin ansehen.

Mitgliederversammlung

„Auf Kurs“ – so lautete das Thema der 6. Mitgliederversammlung des Textilbündnisses am 24. und 25. November 2020. Bei der Begrüßung unterstrich Jürgen Janssen, Leiter des Bündnissekretariats, dass der Kurs Richtung unternehmerischer Sorgfalt und Nachhaltigkeit „richtig, wichtig und zukunftsweisend“ sei. An den zwei Tagen der Veranstaltung standen insgesamt 14 Sessions zu unterschiedlichsten Bündnisthemen auf dem Programm: von Sorgfaltspflichten und geschlechtsspezifischer Gewalt über Responsible Exit und existenzsichernde Löhne bis zu Lieferkettentransparenz und Klimaschutz. Mitglieder finden die Aufzeichnungen der Sessions im Mitgliederbereich. Der Marktplatz mit diesen acht Marktständen ist weiterhin online: BI Tamil Nadu, BI Abwasser, BI Beschwerdemechanismen, Kreislaufwirtschaft, Klimaschutz, KMU Kompass, Grüner Knopf, Review-Prozess.

Zur Podiumsdiskussion „Future Supply Chain Relations“ begrüßten wirRubana Huq (BGMEA), Mathijs Crietee (International Apparel Federation), Herman Leung (DAKOTA Garment Group), Nazma Akter (Awaj Foundation)und Christina Hajagos-Clausen (IndustriALL).

Review-Prozess

Im Review-Prozess berichten die Unternehmen im Textilbündnis zu ihrer individuellen Verantwortung in ihren Lieferketten, sie setzen sich Ziele und definieren Maßnahmen. 2019 wurde der Review-Prozess grundlegend überarbeitet und der risikobasierte Sorgfaltspflichtenansatz in den Fokus gestellt. Der neue Review-Prozess orientiert sich an den Anforderungen und Vorgaben internationaler Rahmenwerke, insbesondere an der OECD Due Diligence Guidance für den Textilsektor. 2020 sollten die Bündnismitglieder den Review-Prozess erstmals in seiner neuen Form durchführen. Aufgrund der COVID-19-Pandemie entschied der Steuerungskreis, den Start um ein Jahr zu verschieben. Mehr dazu auch in Kapitel 4.1.

LinkedIn & Twitter

Seit 2019 ist das Textilbündnis mit eigenen Accounts auf LinkedIn und Twitter aktiv. Bei LinkedIn wuchs die Followerzahl 2020 von 334 auf 1642 (+ 392%), bei Twitter um von 321 auf 422 (+ 31,46%). Auf beiden Plattformen erlangten Beiträge zu den eigenen Aktivitäten des Textilbündnisses am meisten Aufmerksamkeit. Jeweils drei Tweets zum Jahresthema Gender Based Violence und zu unseren Bündnisinitiativen schafften es bei Twitter in die Top 10, ebenso zwei Tweets zum COVID-19-Update auf der Website des Textilbündnisses. 

2020 in Zahlen
Kommunikation
Kapitel 4
Zentrale Arbeitsfelder