Inhaltsverzeichnis
Gemeinsam neue Wege finden
Liebe Bündnismitglieder, sehr geehrte Damen und Herren,
Das Jahr 2024 war geprägt von bedeutenden Veränderungen im regulatorischen Umfeld: Die EU-Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht (CSDDD) ist Mitte des Jahres in Kraft getreten. Im November kündigte die EU-Kommission erstmals das sogenannte „Omnibus-Verfahren“ an, um Nachhaltigkeitsgesetze zu harmonisieren und Anforderungen zu vereinfachen. In diesem dynamischen Umfeld ist es wichtiger denn je, menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten nicht aus dem Blick zu verlieren. Gerade jetzt braucht es Allianzen, die den Dialog fördern.
Das Textilbündnis hat 2024 erneut Fortschritte erzielt. In zehn Initiativen wurden zentrale Themen wie existenzsichernde Löhne, Umweltschutz, Geschlechtergerechtigkeit sowie Beschwerdemechanismen mit vielfältigen Akteur*innen weiter vorangebracht – teils erfolgreich abgeschlossen. Der Jahresbericht 2024 bietet hierzu einen umfassenden Einblick.
Ein Höhepunkt war das 10-jährige Jubiläum mit einer Absichtserklärung zur Stärkung von Rechteinhaber*innen. Gemeinsam mit rund 130 Vertreterinnen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Standardorganisationen können wir auf das Erreichte blicken.
Aber zugleich kritisch nach vorn. Denn: Die Rahmenbedingungen sind heute völlig andere als bei der Gründung des Bündnisses. Wer weiterhin Wirkung entfalten will, muss diese neuen Realitäten aktiv berücksichtigen. Das Bündnis sollte sich deshalb grundlegend mit seiner künftigen Rolle auseinandersetzen. Es braucht ein gemeinsames Innehalten – ein strategisches Zusammenkommen aller Beteiligten, um das Bündnis zukunftsfähig aufzustellen. Mit Unterstützung des Sekretariats können wir diesen Prozess gestalten.
Wir danken allen Mitgliedern und Partnern für das Vertrauen und laden ein, gemeinsam Verantwortung neu zu denken.
Ihr Steuerungskreis
Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Bärbel Kofler | © SPD/ Maximilian König
Liebe Bündnismitglieder, liebe Leser*innen,
das Jahr 2024 hat die internationale Entwicklungszusammenarbeit erneut vor vielseitige Herausforderungen gestellt. Die Wiederwahl von Präsident Donald Trump in den USA und damit einhergehende Veränderungen, wie die Auflösung der US-Entwicklungsbehörde USAID, zeigen schon jetzt globale Auswirkungen und werden insbesondere in einigen der ärmsten Länder gravierende Folgen nach sich ziehen. In dieser unberechenbaren und von Krisen geprägten Zeit braucht es die internationale Zusammenarbeit mehr denn je. Nur mit vereinten Kräften können die aktuellen Konflikte und globalen Herausforderungen bewältigt werden. Vor allem aber braucht es in dieser Zeit einen hoffungsvollen Blick nach vorne, und als Antwort auf Aussagen wie “America First” ein kollektives “Europe United” oder sogar “World United”.
Als Multi-Stakeholder-Initiative haben Sie, das Bündnis, dies längst erkannt und mit Ihrem Statement: “Weil wir gemeinsam mehr erreichen” die passende Antwort parat. Seit mittlerweile einem Jahrzehnt zeigen Sie als Textilbündnis, wie eine starke Allianz notwendige Veränderungen vordenken und in der Praxis erproben kann. Als Vertreter*innen und Kenner*innen der deutschen Textilbranche arbeiten Sie Hand in Hand, um die sozialen und ökologischen Bedingungen in der Lieferkette zu verbessern, den Möglichkeitsraum auszuloten und zu erweitern.
Ihre Arbeit in Projekten vor Ort hat wiederholt gezeigt: Zukunftsfähige Lösungen benötigen gemeinsames Engagement, internationale Partnerschaften und die Zusammenarbeit mit lokalen Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Organisationen und insbesondere den Arbeiter*innen vor Ort.
Ein Höhepunkt des Jahres war die Unterzeichnung der Absichtserklärung zur „Stärkung von lokalen Gewerkschaften und lokalen NROs als legitime Vertretung von Rechteinhaber*innen” durch eine Vorreitergruppe aus Unternehmen, Standardorganisationen, Nichtregierungsorganisationen, der Gewerkschaft ver.di und dem BMZ, im Rahmen der Jubiläumsfeier. Sie wird von einer Vielzahl von Bündnismitgliedern getragen und bekräftigt die Notwendigkeit, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen in Produktionsländern als legitime Vertretung von Rechteinhaber*innen anzuerkennen und ihre Perspektiven inklusiv und partizipativ in die Bündnisarbeit einzubringen.
Ich möchte alle Bündnismitglieder ermutigen, auch in Zukunft Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam an innovativen Lösungen für faire Lieferketten zu arbeiten. Indem wir die Stimmen der Menschen vor Ort ernst nehmen und ihre Perspektiven systematisch einbeziehen, können wir echte, strukturelle Veränderungen erreichen.
Ich danke Ihnen herzlich für Ihr Engagement – und freue mich darauf, diesen Weg auch in Zukunft gemeinsam mit Ihnen zu gehen.
Mit freundlichen Grüßen
2024 konnten wir neun neue Mitglieder im Textilbündnis begrüßen: Aurora Objektwäsche GmbH, Daresourcing GmbH, Drip by Drip e.V., Enkatex Workwear GmbH, Institut für Textiltechnik Augsburg gGmbH, Lindex, MBA-Solutions GmbH, ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Weissengruber Textil GmbH.
Ende Dezember 2024 zählte das Textilbündnis damit 122 Mitglieder.
Im Jahr 2024 konnten wir die Kommunikation über unsere verschiedenen Kanäle weiter ausbauen. Unsere Website diente dabei als zentrale Plattform, auf der wir über Entwicklungen und Fortschritte des Bündnisses sowie bevorstehende Veranstaltungen informierten. Die meisten Besucher*innen stammten aus Deutschland (12.685), gefolgt von den USA (2.664) und dem Vereinigten Königreich (1.152), was auch eine internationale Reichweite unserer Website zeigt. Ein wesentlicher Schwerpunkt für die Zukunft wird darauf liegen, nicht nur die Wirkung und den Mehrwert unserer Arbeit zu vermitteln, sondern auch durch ‚Human Stories‘ eine persönlichere und greifbarere Perspektive zu bieten.
Auch auf LinkedIn war das Textilbündnis aktiv, tauschte sich mit der Community aus und veröffentlichte insgesamt rund 60 Beiträge. Besonders erfolgreich war der Post zum 10-jährigen Jubiläum des Bündnisses, der über 4.400 Impressionen, 125 Likes und eine Engagementrate von über 40 % erzielte. Die Engagementrate misst die Interaktionen (wie Likes, Kommentare, Shares) im Verhältnis zu den Impressionen und war in diesem Fall überdurchschnittlich hoch. Im Jahr 2025 setzt das Bündnis für nachhaltige Textilien seine Kommunikationsstrategie fort und entwickelt seine digitalen Kommunikationsmaßnahmen weiter.
Das Jahr 2024 war gefüllt mit einem abwechslungsreichen Angebot von Workshops, Webinaren, sowie Großveranstaltungen. Dabei wurden sowohl aktuelle politisch relevante Themen aufgegriffen als auch zahlreiche Webinare zu verschiedenen Fokusthemen des Textilbündnisses durchgeführt.
Die Themenpalette der Webinare reichte von „The New EU Ecodesign for Sustainable Products Regulation – a Game-Changer for the Textiles Sector?“ und „Stricter Waste Regulation and Extended Producer Responsibility for Textiles“ über „Tackling Greenwashing – The Directive to Empower Consumers for the Green Transition and the Green Claims Directive“ bis hin zu „Responsible Purchasing Practices – an Effective Approach to Meet Due Diligence Obligations“ sowie „Addressing Gender-Based Violence through Enforceable Brand Agreements“. Diese Titel stellen dabei nur einen kleinen Ausschnitt des umfangreichen Angebots aus dem Jahr 2024 dar.
Außerdem wurde die sechsteilige gemeinsame Webinarreihe des Bündnis für nachhaltige Textilien, des Grünen Knopfs und GIZ FABRIC zur EU-Textilstrategie erfolgreich abgeschlossen.
Aktuelles
It’s a wrap: Webinarreihe zur EU-Textilstrategie geht erfolgreich zu Ende
Was im September 2023 als gemeinsame Webinarreihe des Bündnis für nachhaltige Textilien, des Grünen Knopfs und GIZ FABRIC begann, ist nun abgeschlossen – und das Organisationsteam mit dem Ergebnis der Reihe sehr zufrieden. Die sechs Webinar-Sitzungen nahmen die Teilnehmer mit auf eine Reise durch die komplexe Landschaft der kommenden EU-Gesetzgebung im Rahmen der EU-Textilstrategie. Wichtige Vorschriften, die sich auf Unternehmen im Textilsektor auswirken werden, wurden im Detail vorgestellt. Die große Teilnehmerzahl in allen sechs Sessions bewies die Relevanz des Themas.
©Glenn Carstens-Peters / Unsplash
10. Mitgliederversammlung
Im April 2024 kamen für die nunmehr 10. Mitgliederversammlung des Bündnis für nachhaltige Textilien rund 125 Teilnehmende nach Berlin. In Vorträgen, Workshops und Arbeitsgruppen diskutierten sie angeregt und legten weitere wichtige Weichen zur Umsetzung der strategischen Neuausrichtung. Ein Höhepunkt war der Austausch mit Vertreter*innen von Rechteinhabenden aus Bangladesch.
Veranstaltungs-Highlight des Jahres war natürlich die Jubiläumsfeier zum zehnjährigen Bestehen des Bündnis für nachhaltige Textilien. Mehr dazu in Kapitel 6 – Highlights des Jahres.
Aktuelles
10. Mitgliederversammlung
Zur 10. Mitgliederversammlung des Bündnisses für nachhaltige Textilien kamen rund 125 Teilnehmende nach Berlin. In Vorträgen, Workshops und Arbeitsgruppen diskutierten sie angeregt und legten weitere wichtige Weichen zur Umsetzung der strategischen Neuausrichtung. Ein Höhepunkt war der Austausch mit Vertreter*innen von Rechteinhaber*innen aus Bangladesch.
2024 stellte das Textilbündnis seinen Mitgliedern elf neue Factsheets und weitere Unterstützungsmaterialien zur Verfügung. Die Dokumente finden Sie auch zum Download auf der Textilbündnis-Website.
Allgemein
Bündnisinitiativen
Kreislaufwirtschaft
Insgesamt waren 10 Bündnisinitiativen und das Projekt Circular Down vor Ort aktiv. Im Jahr 2024 lag der Fokus vermehrt auf der aktiven Umsetzung der verschiedenen Initiativen und Projekte.
In den Produktionsländern der Textilindustrie werden häufig keine existenzsichernden Löhne gezahlt, selbst wenn gesetzlich festgelegte Mindestlöhne eingehalten werden. Gemäß der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gilt ein Lohn als existenzsichernd, wenn er den Arbeiter*innen und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht, wobei die Gegebenheiten des jeweiligen Landes und die während der normalen Arbeitszeit geleistete Arbeit berücksichtigt werden. Als offizieller Referenzrahmen für die Arbeit des Textilbündnisses und seiner Mitglieder zu verantwortungsvollen Einkaufspraktiken und existenzsichernden Löhnen dient zum einen das Common Framework for Responsible Purchasing Practices (CFRPP) sowie eine Liste anerkannter Referenzwerte für existenzsichernde Löhne in einzelnen Ländern und Regionen.
Auf der Textilbündnis-Website finden Sie weitere Informationen zum Fokusthema Existenzsichernde Löhne und Einkaufspraktiken.
Bündnisinitiative Organic Cotton
Um die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen des Baumwollanbaus zu überwinden, fördert das Textilbündnis mit der Bündnisinitiative Organic Cotton die Umstellung auf Bio-Anbau in Indien. Zu den ökologischen Risiken gehört zum Beispiel Bodenerosion, unter anderem durch den Einsatz giftiger Chemikalien. Außerdem sind die Arbeitsbedingungen auf Baumwollfeldern oft katastrophal: Aufgrund fehlender Schutzausrüstung, kommen Bäuerinnen und Bauern in direkten Kontakt mit gesundheitsschädlichen Chemikalien. Ausbeutung, Kinderarbeit und unzureichende Bezahlung sind darüber hinaus häufige Missstände.
Die Bündnisinitiative Organic Cotton setzt sich mit Maßnahmen in den Bereichen Capacity Building, Bewusstseinsbildung, Vernetzung und Beschaffung dafür ein, rund 10.800 Produzenten bei der Umstellung auf den Bio-Baumwollanbau zu unterstützen. Ein Beispiel hierfür ist, neben den agronomischen Trainings sowie Zugang zu nicht genmodifiziertem Saatgut, die Entwicklung des Trainings zu menschenwürdiger Arbeit (Decent Work). Die beteiligten Brands unterstützen die Kleinbäuer*innen durch Abnahmevereinbarungen und Prämienzahlungen.
Im Februar 2024 entwickelten und veröffentlichten die Umsetzungspartner Organic Cotton Accelerator (OCA) und Transform Trade (früher: Traidcraft) ein Training zum Konzept der Decent Work für Kleinbäuerinnen und -bauern sowie Farmarbeiter*innen im indischen Bio-Baumwollsektor, das derzeit pilotiert wird.
Das Besondere an diesem Training ist, dass es im Gegensatz zu üblichen Standards für biologische Landwirtschaft soziale Aspekte berücksichtigt. Gerade Kleinbäuerinnen und -bauern arbeiten oftmals unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen, die nicht den Anforderungen menschenwürdiger Arbeit entsprechen. Deshalb setzen die Schulungsmaterialien genau dort an. In acht Modulen, die sowohl auf Englisch als auch auf Hindi verfügbar sind, können die vier Kernprinzipien von Decent Work als Workshop vorgestellt werden. Die Inhalte wurden in enger Zusammenarbeit mit Branchenexpertinnen und lokalen Partnern von OCA speziell für den indischen Kontext entwickelt, um die dortigen Bäuerinnen und Bauern im Baumwollsektor für ihre Rechte zielgerichtet zu sensibilisieren. In Workshops wurden mit Hilfe der Trainingsmaterialien Multiplikator*innen ausgebildet, welche im Laufe des Jahres eigene Workshops mit weiteren Bäuerinnen und Bauern sowie Farmarbeiter*innen durchführt haben.
Darüber hinaus veranstaltete das Textilbündnis im Rahmen der Bündnisinitiative Anfang des Jahres zwei Webinare zu den Themen „Traceability von Baumwolle“ und „Existenzsichernde Einkommen in Baumwollanbauregionen“ für seine Mitglieder.
Diese Mitglieder und Partner beteiligten sich an der Bündnisinitiative Organic Cotton
Unternehmen:
Brands Fashion GmbH, C&A Mode GmbH & Co. KG, Formesse GmbH & Co. KG, H&M Group, s.Oliver Group, , Tchibo GmbH
Zivilgesellschaftliche Akteure:
Fairtrade Deutschland e.V., Global Standard gemeinnützige GmbH (GOTS), Südwind e.V.
Weitere Kooperationspartner:
Organic Cotton Accelerator (OCA)
Bündnisinitiative Learning and Implementation Community (LIC)
Die Einkaufspraktiken europäischer Einzelhändler und Marken haben einen erheblichen Einfluss auf die Menschenrechts- und Umweltbedingungen entlang textiler Lieferketten. Niedrige Preise, die teils unter den Produktionskosten liegen, sowie zu kurze Vorlaufzeiten bei Bestellungen tragen beispielsweise zu Menschenrechtsverletzungen wie extrem niedrigen Löhnen, exzessiven Überstunden und schweren Arbeitsunfällen bei. Verantwortungsvolle Einkaufspraktiken sind daher ein wichtiger Hebel, um Risiken zu mindern und negativen Auswirkungen vorzubeugen oder diese zu beenden.
Ziel der Bündnisinitiative Learning and Implementation Community (LIC) ist es, die Prinzipien und Praktiken des Common Framework for Responsible Purchasing Practices (CFRPP) durch die teilnehmenden Bündnisunternehmen in die Praxis umzusetzen und ihre Einkaufspraktiken so anzupassen, dass langfristig die Situation der Arbeiter*innen in den Produktionsländern verbessert wird. Die fünf Prinzipien definieren verantwortungsvolle Einkaufspraktiken und hinterlegen diese mit konkreten Praktiken, die eine effektive und partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen einkaufenden Unternehmen und Produzenten ermöglichen sowie die Zahlung existenzsichernder Löhne in Produktionsbetrieben unterstützen können. Im Rahmen der Bündnisinitiative werden dazu individuelle Maßnahmenpläne erstellt und umgesetzt. Über regelmäßige Mentoring-Termine tauschen sich die Bündnisunternehmen im Sinne eines Peer-Learning-Formats über ihre Erfahrungen, Herausforderungen und gute Praktiken aus.
Im Jahr 2024 wurden die letzten zwei Prinzipien – “Fair Payment Terms” und “Sustainable Costing” – im Detail behandelt und die gesamte LIC Ende des Jahres mit einem virtuellen Abschlusstreffen und öffentlichen Webinar beendet. Die teilnehmenden Bündnisunternehmen trafen sich im Rahmen der Bündnisinitiative weiterhin regelmäßig zum Austausch. Im September wurden bisherige Erfahrungen und Learnings gesammelt, um die Treffen bis Projektende und die zukünftige Arbeit des Textilbündnisses in dem Thema entsprechend zu gestalten.
Diese Mitglieder und Partner beteiligten sich an der Bündnisinitiative Learning and Implementation Community
Unternehmen:
Hugo Boss AG, KiK Textilien und Non-Food GmbH, WEITBLICK GmbH & Co. KG, Sympatex Technologies GmbH, Hch. Kettelhack GmbH & Co. KG, ALDI Nord Deutschland Stiftung & Co. KG, KAYA&KATO GmbH (Grüner Knopf-Unternehmen)
Weitere Kooperationspartner:
MSI Working Group for Responsible Purchasing Practices: Fair Wear Foundation, Ethical Trading Initiative, Ethical Trade Norway, Solidaridad, GIZ Globalvorhaben „Initiative für globale Solidarität”
Bündnisinitiative Living Wage Lab 2.0
Die Bündnisinitiative Living Wage Lab 2.0 zielt darauf ab, die Zahlung existenzsichernder Löhne in der Textilindustrie zu fördern und baut auf den Ergebnissen des Vorgängerprojekts, Living Wage Lab 1.0, auf. Während sich das erste Projekt auf die Überprüfung von Einkaufspraktiken, Lohndatenerhebung und Lohnlückenberechnung konzentrierte, liegt der Fokus in der zweiten Phase auf der Entwicklung individueller Living Wage-Strategien der Mitgliedsunternehmen.
Ein erster Kick-off für das Living Wage Lab 2.0 fand im Februar 2024 statt, gefolgt von einem Workshop im Juni. In dem Kick-off wurden Umsetzungsmodelle geteilt und Herausforderungen zur Zahlung existenzsichernder Löhne diskutiert. In dem darauffolgenden Workshop, organisiert von Ergon Associates, wurden erste Ansätze zur Entwicklung einer Living Wage-Strategie erarbeitet und definiert. Die Teilnehmer*innen arbeiteten in Kleingruppen (Solution Labs) zu Themen wie der Umsetzung der Strategie, der Zusammenarbeit mit Lieferanten und der Sicherung interner Zustimmung im Unternehmen. Die Ergebnisse der Kleingruppen wurden zusammengetragen und werden als Grundlage für die Weiterentwicklung der eigenen Strategien der Unternehmen im Rahmen von Peer-Learning-Formaten genutzt.
Ein weiterer Schwerpunkt der zweiten Projektphase liegt auf der Förderung des sozialen Dialogs in den Umsetzungsländern Bangladesch, Indien und Pakistan. Die Ethical Trading Initiative (ETI) fungiert dabei als Umsetzungspartner vor Ort in den Produktionsstätten der Bündnismitglieder. Durch gezielte Capacity-Building-Maßnahmen werden Arbeitnehmer*innen für ihre Rechte sensibilisiert und in der Durchsetzung dieser Rechte unterstützt. Gleichzeitig werden bei Zuliefererbetrieben Daten zu den Auswirkungen von Löhnen auf Arbeiter*innen gesammelt, um einen Daten-basierten sozialen Dialog zu ermöglichen. Darüber hinaus wird auch das Fabrikmanagement für das Thema sensibilisiert.
Zusätzlich zur Auftaktveranstaltung und dem Präsenzworkshop, fanden im letzten Jahr vier weitere virtuelle Treffen der Bündnisinitiative statt. Neben externen Inputs zum Thema lag der Fokus der Treffen auf dem Erfahrungsaustausch und Peer-Learning zur Entwicklung der individuellen Strategien und Maßnahmenpläne.
In den Produktionsstätten der drei Umsetzungsländer wurden Daten zur Lohnsituation erhoben und ein “Social Dialogue”-Programm zugeschnitten auf die jeweilige Ausgangslage entwickelt und umgesetzt.
Diese Mitglieder und Partner beteiligten sich am Living Wage Lab 2.0
Unternehmen:
Bierbaum-Proenen, Chaps Merchandising, GREIFF Mode GmbH & Co. KG, Hugo Boss AG, Hch. Kettelhack GmbH & Co. KG, KiK Textilien und Non-Food GmbH, Ortovox Sportartikel GmbH, Vaude Sport GmbH & Co. KG, Waschbär GmbH, WEITBLICK GmbH & Co. KG, 3FREUNDE
Zivilgesellschaftliche Akteure:
INKOTA Netzwerk e.V., Fairtrade DE, GoodWeave
Umsetzungspartner:
Ethical Trading Initiative (ETI), Ergon Associates
Aktuelles
Einkaufspraktiken anpassen, Existenzen sichern
Auch im Textilbündnis steht das Thema Existenzsichernde Löhne weiterhin im Fokus. So setzt sich unter anderem die Bündnisinitiative Living Wage Lab 2.0 dafür ein, die Lücke zwischen den gegenwärtigen Löhnen und existenzsichernden Löhnen für Textilarbeiter*innen in den Zulieferbetrieben der teilnehmenden Bündnismitglieder zu reduzieren.
Die Textilindustrie belastet Umwelt und Klima stark – durch hohen Ressourcen- und Flächenverbrauch, Treibhausgasemissionen sowie den Einsatz schädlicher Chemikalien in Wasser und Böden, was auch die Gesundheit von Arbeiter*innen und Anwohner*innen beeinträchtigt.
Vor diesem Hintergrund gewinnt das Thema Kreislaufwirtschaft an Bedeutung: Eine ressourcenschonende und schadstofffreie Kreislaufwirtschaft im Textilsektor kann erreicht werden, wenn der Wert von Textilien so lange wie möglich erhalten bleibt und Textilabfälle als wertvolle Sekundärrohstoffe in den Kreislauf zurückgeführt sowie für weitere Prozesse wiederverwendet werden können.
Das Textilbündnis orientiert sich an den Kernzielen des European Green Deals und der aktuellen Textilstrategie der EU-Kommission. Um diese zu erreichen, sind die Mitgliedsunternehmen gefordert, sich intensiv mit Umweltschutz in ihren internen Prozessen auseinanderzusetzen. Wichtige Themen, die über die Fokusziele des Textilbündnisses abgedeckt sind, sind die Senkung des Ressourcenverbrauchs und der Treibhausgasemissionen sowie die Verbesserung des Abwassermanagements. Im Rahmen von Webinaren wurden weitere Themen behandelt wie Biodiversität, u.a. in Zusammenhang mit dem Einsatz von Pestiziden im Baumwollanbau.
Im Rahmen des Fokusthemas setzt das Textilbündnis zwei Bündnisinitiativen und ein Mitgliederprojekt um. Die beteiligten Mitglieder befassen sich dabei unter anderem mit den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in ihren Produkten, welche ein zirkuläres Design für Produkte, Langlebigkeit, Reparierbarkeit und die Rezyklierbarkeit der Materialien umfassen sowie die Rückverfolgbarkeit von schädlichen Chemikalien. Des Weiteren werden Produktionsbetriebe befähigt, Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Durch das Fördern des Recyclings von Daunen und Federn soll zudem der Ressourcenverbrauch langfristig gesenkt werden.
Auf der Textilbündnis-Website finden Sie weitere Informationen zum Fokusthema Umweltschutz.
Bündnisinitiative Implementing Circularity in the Textile Industry
Zwischen 2000 und 2015 hat sich die weltweite Textilproduktion nahezu verdoppelt. Jährlich fallen weltweit rund 92 Millionen Tonnen Textilabfälle an – davon etwa 5 Millionen Tonnen in der EU. Nur 1 % des textilen Abfalls wird derzeit in kreislauffähigen Systemen recycelt, weniger als 1 % der verwendeten Fasern werden in die textile Produktionskette zurückgeführt.
Die Bündnisinitiative Implementing Circularity in the Textile Industry (ICTI) zielt darauf ab, deutsche Modeunternehmen und ihre Lieferanten in den Produktionsländern Pakistan, Bangladesch, China und Indien dabei zu unterstützen, vollständig kreislauffähige Designs zu entwickeln. Darüber hinaus arbeiten die beteiligten Unternehmen an eigenen kreislauffähigen Produkten bis hin zu ganzen Kollektionen, die mit einem Digitalen Produktpass (DPP) ausgestattet sind. Dieser gewährleistet den Zugang zu Produktdaten und die Rückverfolgbarkeit für Kund*innen, Sortierbetriebe und Recycler. Beispielsweise über einen QR-Code im Pflegeetikett können so Informationen zum Material, zur Produktion und zum richtigen Rückgabekanal eingesehen werden.
Im Februar 2024 startete die Bündnisinitiative mit einem Design-Workshop zu den Ökodesign-Richtlinien unter fachlicher Leitung des Implementierungspartners circular.fashion. Dabei lernten die beteiligten Fashion Brands und einige ihrer Zulieferer, wie sie anhand der Circular Design Criteria von circular.fashion vollständig kreislauffähige Produkte entwickeln können. Ziel ist es, jedes Produktelement so zu gestalten, dass es am Ende seines Lebenszyklus recycelt werden kann. Ein wichtiger Aspekt ist die Einbindung der Lieferanten während der Produktentwicklung und vor der Umsetzung von Produktionsschritten, damit die Kollektionen tatsächlich realisierbar und langfristig skalierbar sind. Im Sommer fanden ergänzende Workshops mit den Zulieferern statt, um gemeinsam an kreislauffähigen Produkten zu arbeiten. Die Mitgliedsunternehmen sehen diesen Austausch als besonders wertvoll an – nicht zuletzt wegen des praktischen Know-hows ihrer Lieferanten.
Diese Mitglieder und Partner beteiligten sich an der Bündnisinitiative Implementing Circularity in the Textile Industry
Unternehmen:
ALDI Süd, Blutsgeschwister, KiK, Otto Group mit OTTO und bonprix, Snocks, Tchibo, BoerGroup, Texaid, Grenzgang
Zivilgesellschaftliche Akteure:
FairWertung
Umsetzungspartner:
circular.fashion
Bündnisinitiative Supplier Decarbonization
Schätzungen zufolge ist die Textilindustrie für etwa 10 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, wobei der Großteil während der Energieerzeugung und Produktion in den Lieferketten anfällt. Diese Emissionen aus der Wertschöpfungskette, die sogenannten Scope-3-Emissionen, entziehen sich oft der direkten Kontrolle europäischer Marken, was die Erhebung entsprechender Daten erschwert. Zudem gibt es wenig Anreize oder Verpflichtungen, diese Emissionen zu reduzieren, da sie keinem Unternehmen direkt zuordenbar sind. Die Bevölkerung in den Produktionsländern allerdings ist durch klimawandelbedingte Extremwetterphänomene und die Luftverschmutzung im Umkreis der Textilfabriken doppelt von den Auswirkungen der Emissionen betroffen.
Das langfristige Ziel der Bündnisinitiative Supplier Decarbonization ist es, den Ausstoß von Treibhausgasen in der Textillieferkette zu reduzieren. In diesem Rahmen nehmen Beschäftigte von rund 50 Zulieferbetrieben beteiligter Bündnismitglieder in Bangladesch und Pakistan an sogenannten „Climate Action Trainings“ (CAT) teil. Die Betriebe erstellen zudem eine eigene Energy Balance und setzen konkrete, langfristige Reduktionsziele fest. Ergänzend wird eine Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die lokale Bevölkerung durchgeführt.
Im Jahr 2024 fanden mehrere Workshops zu den Themen Climate Action, Energiebilanzen, Treibhausgasemissionen und Science Based Targets statt, teils virtuell, teils vor Ort. Die Rückmeldungen der Mitgliedsunternehmen und Zulieferer zeigen, dass die Zulieferer die Workshops, vor allem persönlich, als äußerst wertvoll empfinden. Sie konnten dadurch ein besseres Verständnis für den Zusammenhang zwischen EU-Regularien und ihrem eigenen Beitrag zur Emissionsreduktion entwickeln – und erkennen zunehmend, dass Maßnahmen zur Energieeffizienz nicht nur Kosten senken, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Scope-3-Emissionen leisten.
Diese Mitglieder und Partner beteiligten sich an der Bündnisinitiative Supplier Decarbonization
Unternehmen:
Adler Modemärkte GmbH, DELTEX, Gebr. Heinemann GmbH & Co. KG, JAKO AG, KiK, Lidl, Otto Group, Sockswear, Takko, WIBU TextilPlus GmbH
Zivilgesellschaftliche Akteure:
BlueSign, Fashion Revolution Germany, NABU, UBA
Weitere Kooperationspartner:
50 Produktionsstätten, Stakeholder der Gemeinden (Karatchi und Dhaka)
Projekt Circular Down
Synthetik als Füllmaterial hat Naturmaterialien bei Bettwaren längst überholt – in Deutschland liegt der Anteil aktuell bei rund 70 %. Neben dem hohen Energieaufwand, der für die Produktion von Füllmaterialien aus fossilen Rohstoffen erforderlich ist, ist die Tatsache, dass die meisten dieser synthetischen Chemiefasern nicht biologisch abbaubar sind, ökologisch besonders bedenklich. Auch Mikroplastik, das beim Waschen entstehen kann, wird zunehmend als gesundheitsgefährdend bewertet.
Anders ist dies bei Daunen und Federn, die gar nicht separat produziert werden müssen, sondern als ein Nebenprodukt der Geflügelwirtschaft verfügbar und nach Ablauf ihrer Nutzung sogar kompostierbar sind. Im Unterschied zu Westeuropa, wo Gänse und Enten saisonal meist in der kalten Jahreszeit verarbeitet werden, verwendet die asiatische Küche das Geflügelfleisch ganzjährig. Deshalb stammt auch der überwiegende Teil der neuen Daunen, die bei uns als Füllmaterial eingesetzt werden, aus China. Diese müssen über CO2-intensive Transportwege importiert werden.
Mit dem Mitgliederprojekt Circular Down verfolgt das Bündnis für nachhaltige Textilien das Ziel Verbraucher*innen und Handelspartner über die Vorteile recycelter Daunen und Federn zu informieren. Im Bewusstsein der Verbraucher*innen ist oft noch nicht verankert, dass Daunen und Federn recycelt werden können, um ihnen so bis zu fünf Mal ein neues Leben zu schenken. Darüber hinaus haben mit Daunen und Federn gefüllte Bettwaren ohnehin eine lange Nutzungsdauer von durchschnittlich über 10 Jahren. Im Jahr 2024 arbeiteten die beteiligten Bündnismitglieder gemeinsam an einer Kommunikationskampagne, die mit Vorurteilen und Wissenslücken aufräumt. Gleichzeitig ist geplant einen neuen, speziell auf Daunen und Federn ausgerichteten Rückgabeweg zu entwickeln und bestehende Rückgabemöglichkeiten wie Textilabfallcontainer, Reststoffhöfe oder Händleraktionen zu unterstützen.
Diese Mitglieder und Partner beteiligten sich an dem Projekt Circular Down
Unternehmen:
Essenza Home, erlich textil
Zivilgesellschaftliche Akteure:
FairWertung
Weitere Kooperationspartner:
BTE Handelsverband Textil, Verband deutscher Federnindustrie e.V. (VDFI), Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e. V. (BEVH)
Komplementär zu diesem Mitgliederprojekt fördert das Bündnis für nachhaltige Textilien die Verbesserung von Tierwohlstandards auf chinesischen Geflügelfarmen. Ein Großteil der neuen Daunen für Daunenprodukte kommt derweil aus China. Immer wieder gibt es Berichte über eine unzureichende Berücksichtigung von Tierwohlaspekten in chinesischen Geflügelbetrieben. Um eine nachhaltigere Produktion von Daunen zu fördern, werden Trainingsmaterialien zu Tierwohlaspekten für Mitarbeitende auf chinesischen Geflügelfarmen erstellt und strengere Tierwohlkriterien in den Downpass, einen Standard für nachhaltige Federn und Daunen, integriert.
Geschlechtergerechtigkeit bleibt eine zentrale Herausforderung in der globalen Textilindustrie. Insbesondere Arbeiterinnen sehen sich immer wieder mit vielfältigen Formen der Diskriminierung konfrontiert – sei es aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Geschlechtsidentität, ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit, ihres Migrationsstatus oder einer Behinderung. Häufig spielen nicht nur eine sondern verschiedene Marginalisierungen zusammen und verstärken die Diskriminierung. In ihrem Arbeitsalltag erleben viele Frauen wiederholt geschlechtsspezifische Gewalt, bspw. sexuelle Belästigung, ungleiche Bezahlung, Benachteiligung beim beruflichen Aufstieg sowie Diskriminierung während und nach einer Schwangerschaft. Hinzu kommt die ungleiche Verteilung von Hausarbeit und Kindererziehung, die für viele Frauen zusätzlich zum Arbeitsalltag geschultert werden muss.
Die Gleichstellung der Geschlechter ist jedoch notwendige Bedingung und grundlegende Voraussetzung, damit die Wirtschafts- und Arbeitswelt fair, nachhaltige und zukunftsfähig gestaltet werden kann und Teil der Vision des BNT einer würdigen, sicheren und gesunde Arbeitswelt, frei von Diskriminierung und Gewalt.
Um diesen Missständen wirksam zu begegnen, haben das Textilbündnis und seine Mitglieder im Rahmen der Bündnisinitiative Advancing Worker Led Agreements on Gender Justice, der Bündnisinitiative Gender Data Gap und durch ein neues Kooperationsprojekt mit der Ethical Trading Initiative an der konkreten Umsetzung verschiedener Maßnahmen gearbeitet.
Auf der Textilbündnis-Website finden Sie weitere Informationen zum Fokusthema Geschlechtergerechtigkeit
Bündnisinitiative Advancing Worker Led Agreements on Gender Justice
Die Bündnisinitiative Advancing Worker Led Agreements on Gender Justice setzt sich für die Beseitigung geschlechtsspezifischer Gewalt am Arbeitsplatz und stärkere Mitbestimmung von Frauen in der Textilindustrie in Indien ein. Im Rahmen der Initiative verhandelt das Textilbündnis mit interessierten Markenunternehmen und deren Zulieferern über separate, rechtsverbindliche Abkommen nach dem Vorbild des Dindigul Agreements.
Begleitend werden zudem umfassende Capacity Building-Maßnahmen umgesetzt, die sowohl lokale Gemeinschaften als auch Arbeiterinnen in den Fabriken im Sinne der Vereinigungsfreiheit stärken. Dazu zählen unter anderem Schulungen für höhere Positionen, der Einsatz und die Qualifizierung interner Beschwerde-Komitees und Betriebsbeobachter*innen sowie die Etablierung eines geschlechtersensiblen Beschwerde-Mechanismus.
Die Frauen sollen dazu ermutigt und befähigt sein, sich gewerkschaftlich zu organisieren, mitzubestimmen und durch den geschlechtssensiblen Mechanismus sexuelle Belästigung, Missbrauch oder Diskriminierung wirksam und ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zu melden. Unabdingbar dafür ist die Beziehungsbildung zwischen Zulieferbetrieb und Arbeiterinnen, sowie das starke Engagement der Markenunternehmen.
Im November 2024 waren FEMNET und das Bündnissekretariat vor Ort in Tamil Nadu um von den Arbeitnehmer*innenvertretungen des Dindigul Agreements über die Fortschritte und Herausforderungen nach zwei Jahren in der Umsetzung zu sprechen, von Arbeiterinnen aus erster Hand zu hören, was gewerkschaftliche Organisierung für sie bedeutet, zu lernen wie gewerkschaftliche Organisation funktioniert und mit der lokalen Umsetzungsorganisation Asia Floor Wage Alliance den weiteren Prozess zu planen.
Diese Mitglieder und Partner beteiligten sich an der Bündnisinitiative Advancing Worker Led Agreements on Gender Justice
Zivilgesellschaftliche Akteure:
FEMNET e.V.
Weitere Umsetzungspartner:
Society for Labour and Development (SLD), Asia Floor Wage Alliance (AFWA) und Global-Labour Justice – International Labour Rights Forum (GLJ-ILRF)
Bündnisinitiative Gender Data Gap
Das Ausmaß geschlechtsspezifischer Diskriminierung ist bisher schwer zu ermitteln und äußert sich nicht überall gleich. Einer der Hauptgründe dafür ist der sogenannte „Gender Data Gap“, der Mangel an transparenten Daten in diesem Bereich, sowie eine generell niedrige Meldequote. Diese Datenlücken spiegeln sich auch in der derzeitigen, unzureichenden Methode der Datenerhebung, zum Beispiel durch Audits, wider. Die Bündnisinitiative Gender Data Gap setzt genau hier an, um diese Lücke in der Datenerhebung zu minimieren, geschlechtsspezifischer Diskriminierung effektiv entgegenwirken zu können und somit langfristig die Arbeitsbedingungen für Frauen in der Textilindustrie zu verbessern.
Im Rahmen der Initiative wurden in diesem Jahr bedeutende Fortschritte bei der Entwicklung eines „Assessment & Action Guides“ gemacht. Um geschlechtsspezifische Diskriminierung besser zu verstehen, wurde mit dem Guide ein Instrument entwickelt, welches das Sammeln von Daten zur Diskriminierung ermöglicht. In zwei tunesischen Zulieferbetrieben wurde dieser anschließend pilotiert, getestet und die gesammelten Daten im Anschluss ausgewertet. Basierend auf den Ergebnissen konnten geeignete Maßnahmen identifiziert und mit den lokalen Produktionsstätten umgesetzt werden, um geschlechtsspezifischer Diskriminierung entgegenzuwirken und die Wirksamkeit des Tools zu evaluieren.
Flyer Seite 2: Einblick in Methoden des Guides
Im Juli 2024 kamen die Projektbeteiligten zu einem zentralen Workshop in Bonn zusammen, um Maßnahmen und inhaltliche Schwerpunkte gemeinsam abzustimmen und festzulegen. Im Dezember folgte eine Abschlussreise nach Tunesien, bei der die teilnehmenden Zulieferbetriebe besucht und die Wirkung des Projekts vor Ort in einem weiteren Workshop reflektiert wurden. Die Perspektiven der Beteiligten flossen direkt in die Weiterentwicklung der Projektergebnisse ein. Auf dieser Grundlage wurden der „Assessment & Action Guide“ sowie ein umfassender Fragebogen mit Auswertungstool und Maßnahmenplan finalisiert.
Der Fragebogen konzentrierte sich auf zentrale Herausforderungen für Frauen in der Textilbranche – darunter Arbeitssicherheit für Schwangere, Aufstiegschancen für Frauen sowie psychische und physische Gewalt am Arbeitsplatz. Die Ergebnisse der Befragung boten wertvolle Erkenntnisse zur Verbesserung der Situation vor Ort. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurden gemeinsam mit den Projektpartnern konkrete Maßnahmen und Empfehlungen entwickelt. Dazu zählen vor allem die Einführung spezifischer Richtlinien zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit sowie gezielte Schulungen zur Sensibilisierung und zum Kapazitätsaufbau, um das Bewusstsein für geschlechtsspezifische Herausforderungen im Arbeitsumfeld und für die eigenen Rechte zu stärken.
Nach der Pilotierung des Tools in den tunesischen Produktionsstätten steht der „Assessment & Action Guide“ anderen Bündnismitgliedern sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung. Der Guide ist zudem so konstruiert, dass er sich an unterschiedliche Länderkontexte anpassen lässt, in vielen relevanten Sprachen bereitsteht und von verschiedenen Stakeholdern verwendet werden kann.
Diese Mitglieder und Partner beteiligen sich an der Bündnisinitiative Gender Data Gap
Unternehmen:
Hess Natur-Textilien GmbH & Co. KG, GERRY WEBER International GmbH, Global Standard gemeinnützige GmbH (GOTS)
Zivilgesellschaftliche Akteure:
FEMNET e. V.
Weitere Umsetzungspartner:
Hessnatur Stiftung
Neues Kooperationsprojekt mit Ethical Trading Initiative
Im April 2024 hat das Bündnis für nachhaltige Textilien ein neues Kooperationsprojekt mit der Ethical Trading Initiative (ETI) gestartet, um die Kapazitäten der Zulieferer zur Erhebung und Nutzung geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselter Daten zur Lieferkette zu stärken.
Seit 2020 arbeitet das BNT bereits gemeinsam mit seinen Mitgliedern zu dem Thema geschlechtsspezifische Daten, mit dem Ziel, Sorgfaltspflichten geschlechtergerechter umzusetzen. Auch die Ethical Trading Initiative (ETI) startete 2021 ihre Gender-Daten-Initiative, um ein Verständnis dafür zu entwickeln, warum die Erhebung und Analyse geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselter Daten für eine effektive menschenrechtliche Sorgfaltspflicht notwendig ist. Im März 2022 veröffentlichten dann ETI und das Textilbündnis gemeinsam mit den Partnerorganisationen Business Social Responsibility (BSR), Fair Wear Foundation, dem niederländischen “Agreement on Sustainable Garments and Textiles” sowie Sedex einen gemeinsamen Leitfaden für geschlechterspezifische Daten. Dieser zeigt auf, wie geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselte Daten entlang der Lieferkette auf Basis des Gender Data and Impact (GDI) Frameworks und Tool von BSR erhoben werden können.
Ein zentrales Feedback aus der Zusammenarbeit mit Modemarken zu dem Leitfaden: Viele Zulieferer sind bisher nicht dazu in der Lage, verlässliche geschlechtsspezifische Daten zu erheben. Das erschwert fundierte Due-Diligence-Prozesse und behindert Fortschritte bei der Verbesserung von Arbeitsbedingungen für Frauen. Auch fehlt für die Zulieferbetriebe der Anreiz diese Daten zu erheben, der sogenannte „Business Case“.
Das gemeinsame Kooperationsprojekt von ETI und Textilbündnis begegnet diesem Problem gezielt. In indischen Zulieferbetrieben der Bündnismitglieder Hugo Boss und KiK sowie der ETI-Mitglieder The Very Group und Morrisons wurden 2024 Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau umgesetzt. Dazu zählen Bedarfsanalysen, Schulungsprogramme sowie die Entwicklung von praxisnahen Anleitungen und Lernprodukten. Durch diese gezielten Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau, sowie die Entwicklung eines Business Case für geschlechtsspezifische Datenerhebung werden Zulieferer künftig besser dazu in der Lage sein, geschlechtsspezifische Daten zu erfassen, auszuwerten und richtig einzuordnen. Das Kooperationsprojekt steht zudem im engen Austausch mit der Bündnisinitiative Gender Data Gap um von Synergien zu profitieren und den Erkenntnissen zu lernen.
E-learning zu Geschlechtergerechtigkeit und Inklusion von Menschen mit Behinderungen
Bereits 2023 hat die Entwicklung eines e-learnings gestartet, welche die Intersektion zwischen geschlechtsbasierter Diskriminierung und der Inklusion von Menschen mit Behinderungen thematisiert. Die Herausforderungen, mit denen Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind, werden insbesondere durch geschlechtsspezifische Ungleichheiten verschärft. Frauen und Mädchen mit Behinderungen werden häufig aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Behinderung diskriminiert. Sie haben unter Umständen noch weniger Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und wirtschaftlichen Möglichkeiten als Männer mit Behinderungen.
Der Privatsektor spielt eine entscheidende Rolle beim Abbau von Barrieren und Ungleichheiten. Unternehmen müssen nicht nur sicherstellen, dass ihre eigenen internen Praktiken und Strategien geschlechtergerecht und integrativ sind, sondern auch, dass ihre Zulieferer und Geschäftspartner dieselben Werte teilen. Dies erfordert eine systematische Zusammenarbeit entlang der gesamten Lieferkette, um Diskriminierung, unfaire Arbeitsbedingungen und Ausbeutung von Arbeitskräften zu erkennen und zu bekämpfen.
Das e-learning soll das Bewusstsein schärfen und umsetzbare Strategien zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in Unternehmensnetzwerken, globalen Lieferketten und Unternehmensstrukturen vermitteln. Dies geschieht durch die Aufbereitung von grundlegenden Informationen bzgl. Geschlechtergerechtigkeit und Inklusion von Menschen mit Behinderungen, der Vermittlung umsetzbarer Strategien zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in Unternehmensnetzwerken, globalen Lieferketten und Unternehmensstrukturen, wobei einer der behandelten Sektoren der Textilsektor ist.
Im Laufe des Jahres 2024 wurde die Skripterstellung für das e-learning abgeschlossen, bei dem u.a. auch die Textilbündnismitglieder bei Workshops zur Ideenfindung eingebunden waren um das e-learning für die Zielgruppe relevant und interessant zu gestalten. Gegen Ende des Jahres wurde das finale Skript dem technischen Dienstleister zur Umsetzung für einen digitalen Kurs auf der Plattform atingi übergeben.
Ein effektiver Zugang zu Abhilfe und Wiedergutmachung ist wesentlicher Bestandteil unternehmerischer Sorgfaltspflichten und stand auch im Jahr 2024 bei der Arbeit des Bündnisses im Fokus. Arbeiter*innen in der textilen Lieferkette müssen die Möglichkeit haben, auf Missstände am Arbeitsplatz hinzuweisen und gegebenenfalls entsprechende Abhilfe und Wiedergutmachung erhalten, ohne dabei negative Auswirkungen auf Ihren Job zu befürchten. Unternehmen stehen daher in der Verantwortung, dies (potenziell) betroffenen Personen zu ermöglichen und geeignete Beschwerdemechanismen zu schaffen. Das Textilbündnis und seine Mitglieder setzen sich insbesondere in Kontexten, in denen bisher keine geeigneten Strukturen bestehen, dafür ein, neue Beschwerdemechanismen aufzubauen oder bestehende weiterzuentwickeln. Mit der Umsetzung der drei Bündnisinitiativen Joint Grievance Mechanism – with Fair Wear Foundation, Access to Remedy und Digital Complaints Management and Capacity Building hat das Bündnis im vergangenen Jahr aktiv an gemeinsamen Maßnahmen in diesem Themenfeld gearbeitet.
Als Orientierung dient in dem Bereich auch der im Jahr 2024 von OHCHR veröffentlichte Guide „Access to Remedy in cases of business-related Human Rights Abuse”.
Weitere Informationen zu dem Fokusthema sind auf der Textilbündniswebsite zu finden: Fokusthema Beschwerdemechanismen und Abhilfe – Bündnis für nachhaltige Textilien
Aktuelles
amfori, Fair Wear und BNT bündeln weiter ihre Kräfte, um Beschwerden aus geteilten Fabriken ihrer Mitglieder besser zu adressieren
Im September 2022 unterzeichneten amfori, Fair Wear und das Bündnis für nachhaltige Textilien (BNT) eine Absichtserklärung (MoU), um gemeinsam Beschwerden von Arbeiter*innen in Fabriken zu adressieren, die von ihren Mitgliedern genutzt werden. Nun haben sich die Organisationen darauf geeinigt, diese Zusammenarbeit fortzusetzen, die Ressourcen für die Behebung von Missständen zu bündeln und weitere Erkenntnisse für die Branche zu gewinnen, um die Ansätze für den Zugang zu Abhilfe anzugleichen.
Bündnisinitiative Joint Grievance Mechanism (with Fair Wear Foundation)
Die Bündnisinitiative Joint Grievance Mechanism arbeitet zusammen mit Fair Wear daran, den Zugang zu wirksamen Beschwerdemechanismen für Arbeiter*innen in der Textilindustrie nachhaltig zu verbessern. Ziel ist es außerdem, bestehende Ansätze im Bereich Beschwerden und Abhilfe besser aufeinander abzustimmen.
Die Bündnisinitiative hat im Oktober 2024 erfolgreich ihre zweite Projektphase beendet. Im Fokus stand dabei vor allem die Frage, wie Arbeiter*innen in der Textil- und Bekleidungsindustrie besseren Zugang zu Abhilfe erhalten können. Gleichzeitig wurde getestet, wie sich ein gemeinsamer Ansatz für den Ausbau zugänglicher und wirksamer Beschwerdemechanismen umsetzen lässt. In dieser Phase wurde die Arbeit auf Fabriken in Bangladesch, die Türkei und Teile Osteuropas ausgeweitet. Die erste Phase hatte sich zuvor auf Indien und Vietnam konzentriert. Insgesamt arbeitete die Initiative in der zweiten Phase mit über 26 Fabriken in den fünf Ländern zusammen. Dadurch erhielten etwa 18.000 Arbeiter*innen Zugang zu Abhilfe über den Fair Wear-Beschwerdemechanismus. Etwa 60 % davon waren Frauen. Unterstützt wurde die Bündnisinitiative außerdem von dem Bündnis-Mitglied FEMNET e.V.. Die zivilgesellschaftliche Organisation spielte eine zentrale Rolle dabei, die Perspektiven der Arbeiter*innen einzubringen und ihre Interessen wirksam zu vertreten.
Damit Beschwerdemechanismen erfolgreich sind, ist es wichtig, dass die Arbeiter*innen ihre Rechte kennen und über existierende Beschwerdemechanismen (wie dem von Fair Wear) informiert sind. Dies wurde im Rahmen des Projektes zum Beispiel durch Besuche von Fabriken, Informationskampagnen und Training-Sessions umgesetzt. Ebenso wichtig war die Zusammenarbeit zwischen den teilnehmenden Unternehmen. In sogenannten „Peer-to-Peer“ Lernsitzungen tauschten sie sich über ihre Erfahrungen aus und konnten so Herausforderungen und bewährte Praktiken offen diskutieren, um basierend darauf anschließend gemeinsam Möglichkeiten für Verbesserungen und gegenseitige Unterstützung zu schaffen. Dabei ging es vor allem darum, wie Rechteinhaber*innen besser in Beschwerdeprozesse eingebunden werden können und um Unterstützung bei Abhilfemaßnahmen.
Fair Wear und das Bündnis sammelten wichtige Erfahrungen dabei, wie bestehende Beschwerdemechanismen gemeinsam genutzt und besser aufeinander abgestimmt werden können. Ziel war es, den Zugang zu Abhilfe wirksamer und koordinierter zu gestalten. Diese Erkenntnisse können künftig helfen, auf Branchenebene einheitlichere und effizientere Systeme im Umgang mit Arbeitsrechtsverletzungen zu entwickeln.
Der erfolgreiche Abschluss des Projektes und die enge Zusammenarbeit mit Fair Wear unterstreichen erneut die Stärke von gemeinsamem Engagement mehrerer Interessengruppen – insbesondere bei komplexen Herausforderungen in globalen Textillieferketten.
Das zeigt sich auch in der Entscheidung von Fair Wear, ihren Beschwerdemechanismus über die Bündnisinitiative hinaus langfristig für Bündnismitglieder zu öffnen. So wird zukünftig mehr Arbeiter*innen der Zugang zu einer vertrauenswürdigen Beschwerdestruktur ermöglicht. Diese wegweisende gemeinsame Kooperation wurde auf dem „2025 OECD Forum on Due Diligence in the Garment and Footwear Sector“ mit der Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding durch Annabel Meurs, Associate Director bei der Fair Wear Foundation, und Gina Burgard, Leiterin des Bündnis Sekretariats festgehalten.
Diese Mitglieder und Partner beteiligten sich an der Bündnisinitiative Joint Grievance Mechanism
Unternehmen:
Brands Fashion, Cotton’n’more, Karl Dieckhoff, Esprit, Seidensticker
Zivilgesellschaftliche Akteure:
FEMNET e.V.
Weitere Umsetzungspartner: Fair Wear Foundation, Cividep
Aktuelles
Rückblick auf die zweite Phase der BNT Bündnisinitiative Joint Grievance Mechanism mit Fair Wear
Im Oktober 2024 endete die zweite Phase der Bündnisinitiative Joint Grievance Mechanism mit Fair Wear und dem Bündnis für nachhaltige Textilien (BNT) und markierte damit den erfolgreichen Abschluss eines transformativen, mehrjährigen Umsetzungsprojekts. Ziel dieser zweiten Phase der Bündnisinitiative, die im Mai 2023 startete, war es, den Zugang zu Abhilfe für Arbeiter*innen in der Textil- und Bekleidungsindustrie auszuweiten und zu testen, wie machbar ein gemeinsamer Ansatz für den Ausbau zugänglicher Beschwerdemechanismen ist.
Bündnisinitiative Access to Remedy for (Refugee) workers
Die Bündnisinitiative Access to Remedy verfolgt das Ziel, die Arbeitsbedingungen für Geflüchtete, die in der türkischen Textil- und Bekleidungsindustrie arbeiten, zu verbessern. Sie möchte zudem den Zugang zu wirksamen Beschwerdemechanismen erleichtern und ein besseres Bewusstsein für die Rechte von Arbeiter*innen schaffen. Diese Gruppe gilt als besonders vulnerabel – unter anderem aufgrund von Sprachbarrieren und fehlender Kenntnisse über ihre eigenen Rechte. Um dies zu erreichen, fördert die Bündnisinitiative das digitale „Worker Support Center“ (WSC) der Refugee Support Association (MUDEM). Über das WSC haben Arbeiter*innen die Möglichkeit Beschwerden einzureichen, welche dann gemeinsam mit MUDEM und den teilnehmenden Unternehmen bearbeitet werden.
Bei einer gemeinsamen Reise in die Türkei im März 2024 konnten sich die Mitglieder vor Ort selbst einen guten Eindruck über die Arbeit des Projektpartners MUDEM verschaffen. Sie erhielten Einblicke in die praktische Umsetzung des WSC und konnten sehen, wie dieses in den Fabriken verankert ist.
Das Programm bot eine wertvolle Gelegenheit zum Austausch zwischen Vertreter*innen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik. Zentrale Fragen waren, wie gute Abhilfe in verschiedenen Kontexten, speziell für vulnerable Gruppen, aussehen kann; welche Rolle hier den verschiedenen Akteursgruppen zugeschrieben wird und welche Schnittstellen noch besser genutzt werden können. Im Fokus standen Themen, zu denen bei MUDEM am häufigsten Beschwerden eingehen: Arbeitserlaubnis, Löhne und Missbrauch am Arbeitsplatz.
Die Erfahrungen aus dem Projekt verdeutlichen, dass eine übergreifende Zusammenarbeit verschiedener Akteursgruppen entscheidend ist, um den Zugang zu effektiven Beschwerdemechanismen und Abhilfe, sowie Wiedergutmachung für (geflüchtete) Arbeiter*innen nachhaltig zu verbessern.
Diese Mitglieder und Partner beteiligen sich an der Bündnisinitiative Access to Remedy for (Refugee) workers
Unternehmen:
Primark, C&A, NKD, Jefferys, IVY OAK, KiK, textilekonzepte, Adidas, Ceres, Puma
Weitere Umsetzungspartner: MUDEM – Refugee Support Association
Artikel
Die Rechte von Geflüchteten im Textilsektor stärken
Die Mitglieder der Bündnisinitiative (BI) „Access to Remedy for (Refugee) Workers“ konnten sich bei einer Reise in die Türkei im März 2024 selbst von der Arbeit überzeugen, die der Projektpartner MUDEM vor Ort leistet. Gemeinsam setzen sie sich in dem Projekt dafür ein, den Zugang zu effektiven Beschwerdemechanismen sowie wirksame Abhilfe und Wiedergutmachung für (geflüchtete) Arbeiter*innen zu fördern, um die Arbeitsbedingungen in der türkischen Textilindustrie nachhaltig zu verbessern.
Bündnisinitiative Digital Complaints Management and Capacity Building
Die Bündnisinitiative Digital Complaint Management and Capacity, befand sich 2024 aktiv in der Umsetzungsphase von zwei Teilprojekten entlang der tieferen textilen Lieferkette in den Produktionsländern China und Vietnam. Mit unterschiedlichen Ansätzen verfolgt die Initiative in beiden Ländern das Ziel, den Zugang zu wirksamen (auch digitalen) Beschwerdemechanismen für (potenziell) betroffene Arbeiter*innen zu stärken bzw. einzurichten, sodass Risiken frühzeitig erkannt und gemindert werden. Begleitet werden die Projekte von Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung sowie Schulungen für Textilarbeiter*innen und Fabrikmanagement. Diese umfassen wichtige Themen wie Arbeitsschutz, Löhne und Arbeitszeiten, effektive Kommunikation zwischen Belegschaft und Management sowie sichere Beschwerdewege.
Langfristig soll so ein Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den teilnehmenden Zulieferbetrieben geleistet werden.
Als Teil der Projektkomponente in China können die Zulieferer über eine vom Projektpartner Quizrr bereitgestellte Plattform die Abschlussquoten der Schulungen und den Wissensfortschritt überwachen. Das schwedische EdTech-Unternehmen nutzt digitale Schulungslösungen, um Mitarbeitende in globalen Lieferketten zu Themen wie Arbeitsrechte oder Sicherheit am Arbeitsplatz zu schulen.
In Vietnam wird das Schulungsprogramm in Zusammenarbeit mit der lokalen Non-Profit-Organisation Center for Development and Integration (CDI) umgesetzt, welche spezialisiert ist auf die Förderung von Arbeitsrechten in der Textilindustrie mit besonderem Augenmerk auf gefährdete Gruppen. Die Schulungen finden in Form von Vor-Ort-Schulungen statt, die individuell auf die spezifischen Bedürfnisse der einzelnen Fabriken zugeschnitten sind.
Zudem wurden digitale Feedbackmöglichkeiten für Arbeitnehmende eingeräumt. Dies sind Mechanismen, die bestehende Beschwerdesysteme ergänzen und somit unter anderem das Vertrauen und Engagement der Arbeiter*innen stärkt. In China geschieht dies unter der Leitung des Projektpartners Ulula, einem Unternehmen für Menschenrechtstechnologie und –analyse. In Vietnam wird es in Zusammenarbeit mit atlat GmbH umgesetzt, welche niedrigschwellige Beschwerdekanäle für Arbeitnehmende sowie eine Plattform für Abhilfe und Berichterstattung bietet.
Diese Mitglieder und Partner beteiligen sich an der Bündnisinitiative Digital Complaints Management and Capacity Building
Unternehmen:
Deltex, deuter, ORTOVOX, Sympatex
Zivilgesellschaftliche Akteure:
CARE Deutschland e.V.
Weitere Umsetzungspartner:
China-Komponente: Ulula, Quizzr
Vietnam-Komponente: CDI (Umsetzungspartner Bündnis), atlat (Selbstfinanzierter Umsetzungspartner der teilnehmenden Unternehmen)
Die transparente Gestaltung von Lieferketten ist essenzieller Bestandteil auf dem Weg hin zu einer ökologischen, sozialen und korruptionsfreien Transformation der Textilindustrie. Unternehmen, die ihre Lieferketten umfassend kennen und verstehen, schaffen eine wesentliche Grundlage und Kernvoraussetzung für die Umsetzung ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflichten. Denn es braucht transparente, öffentlich zugängliche und interoperable Lieferkettendaten, um Risiken wirksam identifizieren und adressieren zu können. Darüber hinaus eröffnen transparente Lieferketten Möglichkeiten für Kooperationen zwischen Unternehmen und die Nutzung von Synergien, was zu langfristigen Verbesserungen für Mensch und Umwelt in der Lieferkette beiträgt.
Seit 2020 kooperiert das Textilbündnis mit dem Open Supply Hub, einer Open-Source-Plattform, die Produktionsstätten aus verschiedenen Sektoren von unterschiedlichen Akteuren in einer zentralen, unabhängigen und öffentlich zugänglichen Datenbank zusammenführt.
Seitdem veröffentlicht das Bündnis jährlich auf der Plattform eine aggregierte Liste. Seit 2023 ist die Offenlegung der Tier-1-Lieferanten aller Mitgliedsunternehmen verpflichtend, ab 2025 wird die aggregierte Liste um die Tier-2-Lieferanten erweitert.
Im Jahr 2024 beinhaltete die Liste insgesamt 8107 Produktionsstätten von 61 Bündnisunternehmen.
- Produktionsstätten in 86 verschiedenen Ländern wurden erfasst
- 770 Betriebe haben Daten aus der tieferen Lieferkette offengelegt, die über Tier 1 hinaus gehen (im Vergleich zu 7 im Jahr 2023)
- 12 Unternehmen berichteten direkt an den Open Supply Hub
Die Liste trägt nicht nur zur Erhöhung der Transparenz in den Lieferketten bei, sondern dient auch als Grundlage für die Entwicklung gezielter Maßnahmen der Bündnismitglieder in den jeweils relevantesten Ländern. Auf Basis der erhobenen Daten können Projekte präzise ausgewählt, geplant und umgesetzt werden. In der sogenannten Incident list werden Vorfälle in Bekleidungsfabriken festgehalten und mit Hilfe der aggregierten Liste die Mitglieder informiert, die von den betroffenen Fabriken Waren beziehen. Darüber hinaus werden Synergien und Möglichkeiten der Zusammenarbeit aktiv genutzt: So arbeiten Fair Wear, Amfori und das Textilbündnis im Rahmen des sogenannten Collaboration Protocols bei schwerwiegenden Beschwerden eng zusammen, sofern Schnittmengen in den Lieferketten der jeweiligen Mitgliedsunternehmen bestehen.
Die volle aggregierte List finden Sie auf der Webseite des Textilbündnis: Lieferkettentransparenz – Bündnis für nachhaltige Textilien
10 Jahre Textilbündnis
Jubiläumsveranstaltung & Unterzeichnung der Absichtserklärung
Seit einem Jahrzehnt zeigt das Textilbündnis, wie eine starke Multi-Stakeholder-Initiative notwendige Veränderungen vordenken und in der Praxis pilotieren kann. Verschiedene Stakeholder arbeiten hier Hand in Hand, um die unternehmerischen Sorgfaltspflichten umzusetzen und damit die sozialen und ökologischen Bedingungen entlang der textilen Lieferkette zu verbessern.
Unter dem Leitsatz „Weil wir gemeinsam mehr erreichen – Allianzen für die Stärkung von Menschenrechten und Umweltschutz weltweit“ feierte das Bündnis im November 2024 sein 10-jähriges Jubiläum in Berlin. Gemeinsam mit Entwicklungsministerin Svenja Schulze, den parlamentarischen Staatssekretärinnen Dr. Bärbel Kofler (BMZ), Dr. Bettina Hoffmann (BMUV) und Staatssekretärin Lilian Tschan (BMAS) sowie knapp 130 hochrangigen Vertreter*innen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, Standardorganisationen und Produktionsländern wurde sowohl auf die Meilensteine des Bündnisses als auch in die Zukunft geblickt. In den letzten zehn Jahren konnten viele Meilensteine erreicht werden, wie beispielsweise die Begleitung von über 10.500 Kleinbäuerinnen und -bauern auf ihrem Weg zur Umstellung auf Bio-Baumwolle. Eine weitere Errungenschaft ist die Verbesserung von Arbeits- und Produktionsbedingungen in mehr als 820 Zulieferbetrieben. Außerdem haben über 160.000 Mitarbeitende in Zulieferbetrieben verbesserten Zugang zu Abhilfe erhalten.
Auf einem Marktplatz hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, Projekte und konkrete Ergebnisse von Bündnismitgliedern sowie Partnern des Bündnisses zu entdecken und sich über gemeinsame Aktivitäten auszutauschen. Neben spannenden Panels bildete die Unterzeichnung einer Absichtserklärung zur Stärkung von lokalen Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen (NROs) einen Höhepunkt der Veranstaltung. Die Erklärung bekräftigt die Notwendigkeit, Gewerkschaften und NROs in Produktionsländern als legitime Vertretung von Rechteinhaber*innen anzuerkennen und ihre Perspektiven inklusiv und partizipativ in die Bündnisarbeit zu integrieren. Sie wurde von Svenja Schulze sowie zahlreichen Bündnismitgliedern unterschrieben. Zu den Unterzeichnern gehören Blutsgeschwister GmbH, der Deuter Sport GmbH, der Hakro GmbH, der Karl Dieckhoff GmbH & Co. KG, der KiK Textilien und Non-Food GmbH, der Lidl Stiftung & Co. KG, der s.Oliver Bernd Freier GmbH & Co. KG, der Tchibo GmbH, der Weitblick GmbH & Co. KG, FEMNET e. V., Health and Environment Justice Support e. V., dem INKOTA-netzwerk e. V., SÜDWIND e. V., Fairtrade Deutschland e. V., PUMA SE und ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft.
Jubiläumsfeier | ©Julia Merkel
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Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung | ©Julia Merkel
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Unterzeichnung der Absichtserklärung | ©Julia Merkel
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Aktuelles
Das Bündnis für nachhaltige Textilien feiert 10-jähriges Jubiläum!
Das Bündnis für nachhaltige Textilien hat sein zehnjähriges Bestehen mit einer Jubiläumsveranstaltung in Berlin gefeiert.
Rebranding – ein neuer Look
Ein neues Corporate Design für das Bündnis
Nach zehn Jahren hat das Bündnis für nachhaltige Textilien einen neuen Anstrich bekommen. Mit neuem Logo, starken Farben und dynamischem Grafik-Stil tritt das BNT nun seit Ende 2024 in einem neuen Look auf.