Kapitel 4.4

Geschlechtergerechtigkeit

Geschlechtsspezifische Gewalt und Diskriminierung beenden, Inklusion fördern

Trotz einiger Fortschritte ist Diskriminierung, sexuelle Belästigung und geschlechtsspezifische Gewalt im Textilsektor weiterhin eines der vorherrschenden Sektorrisiken. Im Rahmen des Fokusthemas Geschlechtergerechtigkeit setzen sich Bündnismitglieder deshalb gemeinsam dafür ein, eine würdige, sichere und gesunde Arbeitswelt zu schaffen. Hierfür ist es unabdingbar, dass alle Formen der Diskriminierung und Gewalt gegen alle Arbeitnehmer*innen, insbesondere Frauen und andere marginalisierte Gruppen in den Produktionsländern, aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Geschlechtsidentität, ethnischer Zugehörigkeit, Migrationsstatus, Behinderung oder anderen sozial-konstruierten Merkmalen, beseitigt werden. Der Fokus soll hierbei verstärkt in der Umsetzung und der Wirkung vor Ort liegen. 

Auf der Textilbündnis-Website finden Sie weitere Informationen zum Fokusthema Geschlechtergerechtigkeit. 

Bündnisinitiative (BI) Gender Data Gap

Trotz des breiten Bewusstseins über potenzielle Auswirkungen von Diskriminierung, sexueller Belästigung oder geschlechtsspezifischer Gewalt, bleibt das tatsächliche Ausmaß der geschlechterspezifischen Diskriminierung nur schwer zu messen. Der Grund hierfür sind unzureichende und intransparente Daten sowie niedrige Berichtsraten. Der Mangel an Daten führt außerdem dazu, dass Unternehmen kaum effektive Maßnahmen entwickeln können, die Geschlechterungleichheiten und Diskriminierungen reduzieren.  

Um dieser Datenlücke entgegenzukommen, wurde 2023 die Bündnisinitiative (BI) Gender Data Gap ins Leben gerufen. Das Ziel der BI ist es, ein praktisch anwendbares Handbuch zu entwickeln, um die Geschlechtergleichberechtigung in den Unternehmen zu messen, steuern und zu verbessern. Es soll skalierfähig sein, damit es länder- und stakeholderübergreifend eingesetzt werden kann. Nach der Auswertung dieser Daten werden im Rahmen der BI geeignete Maßnahmen mit den Produktionsstätten vor Ort umgesetzt und begleitet, um genderspezifischer Diskriminierung entgegenzuwirken und die Wirksamkeit der Maßnahmen zu messen. Nach der Pilotierung in Tunesien wird das Handbuch den Textilbündnismitgliedern im Rahmen eines Capacity Buildings vor- und zur eigenen Anwendung zur Verfügung gestellt. 

Diese Mitglieder beteiligten sich an der BI Gender Data Gap

Unternehmen:
Hess Natur-Textilien GmbH & Co.KG, Gerry Weber International GmbH, Global Standard gemeinnützige GmbH (GOTS)

Zivilgesellschaftliche Akteure:
Hessnatur Stiftung, FEMNET e.V.

Weitere Kooperationspartner:
Zwei Produktionsstätten in Tunesien: Denim Manufacture, Manufacturing International Company 

Bündnisinitiative (BI) Advancing Worker-Led Agreements on Gender Justice

Die Bündnisinitiative Advancing Worker-Led Agreements on Gender Justice und seine beteiligten Bündnismitglieder haben sich das Ziel gesetzt, geschlechtsspezifische Gewalt und Belästigung (GBVH) sowie intersektionale Diskriminierung in Textilfabriken in der Region Tamil Nadu in Indien zu beenden. Hierzu soll Arbeiterinnen, insbesondere Dalit-Frauen aus teilnehmenden Zulieferbetrieben der Bündnismitglieder, Zugang zu funktionierenden und geschlechtssensiblen Beschwerdemechanismen ermöglicht werden. Der alleinige Zugang reicht jedoch nicht aus.

Textilarbeiterinnen müssen sich ebenfalls befähigt und sicher fühlen, Beschwerden im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch und Belästigung sowie Diskriminierung im weiteren Sinne zu melden und Vertrauen in die Effektivität des Mechanismus haben. Hierzu sollen interne Beschwerdekomitees und Betriebsbeobachter*innen bestehend aus Mitarbeitenden der teilnehmenden Zulieferer zu Frauenrechten, geschlechtsspezifischen Fragen zur Vertretung der Beschäftigten und zum Umgang mit Beschwerden geschult werden.

Zudem soll nach Vorbild des Dindigul Agreements zur Beendigung von geschlechtsspezifischer Gewalt mit interessierten Marken und ihren Zulieferern über rechtsverbindliche Abkommen zwischen lokalen Arbeiternehmer*innenvertretungen und Modeunternehmen sowie ihren Zulieferbetrieben geschlossen werden. 2023 haben hierzu Gespräche zwischen Brands, Zulieferbetrieben und Arbeitnehmer*innenvertretungen begonnen. Im nächsten Schritt steht die Verhandlung der Abkommen bevor. Darüber hinaus sollen u.a. Schulungen für weibliche Beschäftigte in der Bekleidungsindustrie angeboten werden, um ihre Führungsqualitäten zu stärken und sie in die Lage zu versetzen, in Aufsichtsfunktionen aufsteigen zu können.  

Diese Mitglieder beteiligen sich an der BI Advancing Worker-Led Agreements on Gender Justice

Unternehmen:
C&A, KiK

Zivilgesellschaftliche Akteure:
FEMNET e.V.

Weitere Kooperationspartner:
Society for Labour and Development (SLD), Asia Floor Wage Alliance (AFWA), Global Labour Justice – International Labour Rights Forum (GLJ-ILRF) 

Aktuelles

Perspektiven des Dindigul Agreements

Das 2022 in Kraft getretene Dindigul-Agreement zur Beendigung geschlechtsspezifischer Gewalt und Belästigung zeigt bereits erste Erfolge. Diese Erfolge gilt es auszuweiten, daher reisten Ende 2023 u.a. Mitglieder des Textilbündnisses und des Bündnissekretariats nach Indien. Ihr Ziel: Die Perspektive der Menschen vor Ort kennenzulernen und an das Abkommen anzuknüpfen, z.B. in Form der BI Advancing Worker-Led Agreements on Gender Justice.

Kapitel 4.3
Kreislaufwirtschaft und Klima
Kapitel 4.5
Beschwerden und Abhilfe