Kapitel 1

Intro

Von Jürgen Janssen, Leiter des Bündnissekretariats

Liebe Bündnismitglieder, sehr geehrte Damen und Herren,

die Textil- und Bekleidungsbranche agiert in einem Umfeld, dass sich auch im vergangenen Jahr rasant gewandelt hat. Dabei zeigt sich immer deutlicher, dass Corona ein großer Trendbeschleuniger war und ist. Ein weiteres zentrales Element dieses Umfelds ist der regulative Rahmen, der durch die Verabschiedung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes deutlich verändert wurde. Und natürlich haben wir alle die Bundestagswahl mit großer Spannung verfolgt.

Schon bald nach der Regierungsbildung haben dann sowohl das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter der neuen Leitung von Bundesministerin Svenja Schulze, als auch die anderen, im Steuerungskreis vertretenen Ressorts Umwelt (BMUV) sowie Arbeit und Soziales (BMAS) deutlich gemacht, dass sie den vom Textilbündnis verkörperten Multi-Stakeholder-Ansatz zur Umsetzung von Sorgfaltspflichten weiterhin als wichtiges Element für den Wandel ansehen und daher auch in den kommenden Jahren fördern wollen. Dies ist für das Bündnis und die Mitglieder eine gute Nachricht und Ansporn zugleich.

Vor diesem Hintergrund möchte ich drei Punkte aus der vielfältigen Arbeit des Bündnisses im vergangenen Jahr herausgreifen:

Der neue Review-Prozess war für unsere Mitglieder und das Bündnissekretariat eine große Herausforderung und Chance zugleich. Herausforderung vor allem mit Blick auf den nicht unerheblichen Aufwand. Und Chance, weil die Mitglieder die Sorgfaltspflichten-Logik erstmals konsequent durchspielen und in ihrem Nachhaltigkeitsmanagement verankern konnten. Die auf der Bündnis-Website veröffentlichten Berichte zeigen, dass die Bündnisunternehmen den Sorgfaltspflichtenansatz grundsätzlich verinnerlicht haben und umsetzen. Sie zeigen aber auch Lücken und Verbesserungsmöglichkeiten bei der Wahrnehmung ihrer individuellen Unternehmensverantwortung.

Die große Bedeutung und Hebelwirkung von verantwortungsvollen Geschäfts- und Einkaufspraktiken ist uns im Textilbündnis nicht erst seit Corona bewusst. Als Jahresthema 2021 standen Einkaufspraktiken besonders im Fokus. Dazu haben wir uns unter anderem mit anderen Multi-Stakeholder-Initiativen an die Erarbeitung des „Common Framework for Responsible Purchasing Practices“ gemacht. Es soll in Zukunft als Referenzrahmen zur Beurteilung und die Verbesserung von Einkaufspraktiken dienen.

Viel Bewegung gibt es auch bei unseren Bündnisinitiativen (BI): Im Mai startete die BI Beschwerdemechanismen mit einem Kooperationsprojekt mit der Fair Wear Foundation und dem holländischen Agreement on Sustainable Garments and Textile. Ziel ist es, Arbeiter*innen in Vietnam und Indien einen besseren Zugang zu Beschwerdemöglichkeiten und Abhilfe zu verschaffen. Im Jahresverlauf konnten wir unser Engagement bei diesem zentralen Element des Sorgfaltspflichtenansatzes um Kooperationsvorhaben in Pakistan und der Türkei erweitern. Hinzu kamen die Vorbereitung einer Bündnisinitiative zur Förderung der Verfügbarkeit von nachhaltiger und Bio-Baumwolle, zu der bereits ein Pilotprojekt in Umsetzung ist, die Fortsetzung der BI Abwasser sowie der Start der zweiten Projektphase bei den BI in Tamil Nadu und beim Thema existenzsichernde Löhne.

Auf der Grundlage dieses soliden Arbeitsprogramms, der differenzierten Rückmeldungen der Mitglieder zum Review-Prozess und vor dem Hintergrund des sich weiter wandelnden Umfelds, hat der Steuerungskreis die Diskussion um die zukünftige Ausrichtung des Textilbündnisses angestoßen. Dabei zeichnen sich einige Weiterentwicklungen ab, die unter anderem eine noch bessere internationale Anschlussfähigkeit der Aktivitäten des Bündnisses anstreben, dem gemeinsamen Engagement eine deutlich größere Bedeutung zumessen, eine stärkere Fokussierung auf bestimmte, zentrale Sektorrisiken und Prozesse ermöglichen und den sich weiter ausbildenden gesetzlichen Rahmen menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten berücksichtigen. Die Entscheidungen dazu stehen in der zweiten Jahreshälfte 2022 an.

Die Mitgliedschaft im Textilbündnis ist jetzt und wird auch in Zukunft mit Aufwand verbunden sein. Wir sind davon überzeugt und arbeiten daran, dass sich dieser Aufwand lohnt, dass sich dadurch die Arbeits- und Umweltbedingungen in der Branche und vor allem in den Produktionsländern verbessern und dass Sie als Mitglied mit Ihrem Engagement auch Ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele besser erreichen können. Nutzen Sie daher Ihre Mitgliedschaft im Textilbündnis als Chance, individuell und gemeinsam Herausforderungen anzugehen und so schrittweise faire Arbeitsbedingungen und eine Produktion innerhalb der planetaren Grenzen zu erreichen.

Zu all den Themen und Projekten, die ich hier nur anreißen konnte, und zu noch vielen weiteren finden Sie in diesem Jahresbericht detaillierte Informationen. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und freuen uns auf die weitere, vertrauensvolle Zusammenarbeit im Bündnis für nachhaltige Textilien.

Für das Bündnissekretariat
Jürgen Janssen

Inhaltsübersicht
Kapitel 2
Grußwort Svenja Schulze